Handwerk Special Nr. 152 vom 3. September 2011 - page 5

Bäcker und Brauer erfolgreich mit „Landbierbrot“
Mario Miedl aus Schweppenhausen betreibt seit
eineinhalb Jahren erfolgreich seine Brauerei.
Wohl bekomm’s: Bäcker und Brauer verwöhnen den Gaumen
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Nr. 152
3. September 2011
Miedl, der Bier-Druide
„Stromberger Urbräu“: Jede Flasche ein handverlesenes Unikat
Es erinnert ein we
nig an
den Druiden und seinen
gallischen Zaubertrank,
wenn Mario Miedl im
Hunsrück seine Töpfe
durchrührt: Unten ein
Feuer, darüber ein rie-
siger Edelstahlkessel mit
einer geheimnisvollen
Mixtur, in der kräftig mit
einem überdimensionalen
Löffel alles in Bewegung
gehalten wird.
Washierentsteht,flupptgenauso
gut wie bei Asterix und seinen
Galliern, auch wenn bei Miedl
die Überdosis Kraft eher durch
eine Überportion Genuss ersetzt
wird. Mario Miedl braut – ganz
handwerklich – Bier. Und das
sehr erfolgreich.
Brauer-Wiege stand in
Mutters Garten
Mutters Garten in Stromberg
spielt im beruflichen Werde-
gang des heute 39-jährigen
Brauers eine wesentliche Rolle,
denn Miedl ist eigentlich im
Elektrohandwerk zu Hause. „Ir-
gendwann stellten wir fest, dass
sich in einem Teil des Gartens
wilder Hopfen breit machte.“
Tee wollte dieMutter daraus zu-
bereiten, Vater und Sohn Miedl
etwas anderes. So begann die
Leidenschaft fürs Bierbrauen.
Das war 2003.
Am 4. Januar 2010 gründete
Miedl „mit sehr viel Support
durch die HwK“ sein Unterneh-
men „Stromberger Urbräu“ in
Schweppenhausen.Viel Support
will heißen: „Ich
wurdedurch
die Be-
triebsberatung und das Zentrum
fürUmweltundArbeitssicherheit
immer wieder motiviert, diesen
Wegzugehen, auf demmich die
Handwerkskammer richtig gut
unterstützte.“Heute, eineinhalb
Jahre später, ist er glücklich über
die Entscheidung, eine Brauerei
gegründet zu haben. Aus dem
HobbyistBerufgeworden,dener
mit vie
l Leidenschaft und Liebe
fürsDetailausübt.HierwirdBier
gelebt, nicht nur gebraut.
Was in reiner Handarbeit zwi-
schen Läuterbottich, Sudpfanne
und Abfülls
tation bei Miedl
entsteht, schmeckt anders als
das Bier aus der Massenproduk-
tion. „Es ist würziger, hat mehr
geschmacklichen Charakter“,
beschreibt der Experte seine
Produkte. Altdeutsches Hell,
MittelalterDunkel,traditionelles
Weizen- und Roggenbier stehen
auf derAngebotsliste. Abhängig
von der Jahreszeit gibt es auch
ein Weihnachtsbier oder ein
Starkbier ... aufWunsch auch ein
Extra-Starkbier. „Das ist unser
Vorteil: Auf Kundenwünsche
können wir schnell und flexibel
reagieren und müssen nicht
riesige Produktionsabläufe um-
ständlich neu organisieren.“
Abnehmer sindGetränkemärkte
in der Region, aber auch Hotels
– nicht nur im Hunsrück. Und
der Kundenkreis wächst rasant,
auch wenn Miedl’s Bier kein
Schnäppchen ist. „Wir haben
offenbar den Zeitgeist getroffen
und eine Marktlücke erschlos-
sen“, erklärt derHandwerker den
Erfolg, der sich am Ende eines
arbeitsreichen Brauertages auch
ein Feierabendbier spendiert.
Steckbrief: Hausbierbrauerei Miedl, Schweppenhs.
Gegr. 2010 | 2 Mitarbeiter | handwerkliche Bierherstellung, drei
Stamm-Sorten, saisonale Sorten |
Die Bier-Bäcker
Wenn Bäckermeister
Alfred Wenz tief in der
Nacht das Brotbacken
für den nächsten Tag
vorbereitet, lässt er die
Kronkorken knallen: Eine
Kiste Bier ist dann schnell
leer. Doch der Gerstensaft
landet nicht im Bäcker-
meister und seinen 16
Mitarbeitern, sondern im
Teig von gut 80 Broten.
Steckbrief: Bäckerei Wenz, Bundenbach
Gegr. 1983 | 16 Mitarbeiter (1 Meister, 2 Lehrlinge) | täglich 400
Brote, bis zu 5.000 Brötchen, Kuchen | Tel.: 06544/ 93 48
Mit einer neuen Spezialität be-
geisterndieBetriebederBäcker-
Innung Rhein-Nahe-Hunsrück
ihre Kunden: Das Landbierbrot
ist ein Renner – und völlig un-
bedenklich imGenuss, denn der
Alkoholgehalt verfliegt beim
Backvorgang.
DieIdeeistgenial:Das,wasbeim
Brauen des Bieres in der Kirner
Privatbrauerei als „Abfall“ übrig
bleibt – genannt Treber – ver-
arbeiten die Bäcker der Innung
in ihrem Teig zu Brot. Denn:
„Treber besteht aus den rein na-
türlichen Inhaltsstoffen Gerste,
Malz, Hopfen und Wasser. Wir
nutzensodiehoheGütedesRein-
heitsgebotes von 1516 für unser
Bier beim Backen“, schwärmt
Obermeister Alfred Wenz, der
sein Unternehmen an den zwei
StandortenBundenbachundBad
Kreuznach betreibt. Zusätzlich
versorgen zwei Verkaufswagen
24 Ortschaften imHunsrück mit
Backwaren.
350 bis 400 Brote backen Wenz
und seine Mitarbeiter täglich,
80 davon mit dem Treber der
Brauerei und dem Schuss Bier,
was dann als „Landbierbrot“
über die Theke geht. Beide
– Bäckerhandwerk und Kirner
Brauerei – profitieren von dieser
Allianz. Denn der hochwertige
Treber geht kostenlos an die
Bäcker, die dann das Brot als
Gemeinschaftswerk regionaler
Wirtschaftskooperative ver-
markten. Ein Gedanke, der bei
der Kundschaft ankommt, denn
wenn aus dem Stand heraus ein
neues Produkt so wie bei Alfred
Wenz fast 20 Prozent Marktan-
teil erringt, kannman von einem
erfolgreichen Start sprechen.
„Das deutsche Bäckerhandwerk
ist für seineQualität undVielfalt
international bekannt. Diese
Stellung haben wir uns hart er-
arbeitet“, greift Obermeister
Wenz (50 Innungsmitglieder)
eine Stärke seines Handwerks
auf und weist auch darauf hin,
dass man diesen Spitzenplatz
nur halten kann, wenn man sich
täglichmit seinenProduktenund
denKundenwünschen auseinan-
dersetzt – und dies auch nach
außen deutlich macht. Folge-
richtig wurde das Landbierbrot
beim deutschen Brotregister
angemeldet, indembereits 1.900
Brotsortengeführtwerden–„ein
Markenzeichen unserer Arbeit,
das wir als UNESCO-Welterbe
eintragen lassen wollen“, so
Obermeister Wenz.
Die rein
natürlichen
Zutaten fürs
„Landbier-
brot“, oben
der Treber
aus der Kir-
ner Privat-
brauerei.
Brot und Bier aus
handwerklicher Her-
stellung des Huns-
rücks.
Für Konditoren beginnt am
27.2.2012 ein Teilzeit-Meis­
terkurs in Koblenz.
Infos & Anmeldung bei der
HwK-Meisterakademie:
E-Mail:
Meisterkurs
Konditoren
Info-Tel.: 0261/ 398-415
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