Handwerk Special 58 vom 07.11.1997


Farbenfrohe Zukunft

Handwerksunternehmen 2000: Marktlücken auch in Klassikern suchen und besetzen

Ein Handwerksunternehmen im Moseltal bei Cochem und seine Mitarbeiter: Sie sind jung, erfinden, probieren aus, sie halten Warenschutzrechte auf ihre Produkte. Ein farbenfrohes Vorzeigeunternehmen. Die Kundenkartei: groß, Top-Adressen, selbst in Berlin. Top-Arbeit genauso für den Privatmann von nebenan. Die Ziele: Marktposition ausbauen, expandieren. Die Branche: Maler und Lackierer.

Wegweiser Wagner: Der Maler- und Lackierermeister aus Cochem zeigt mit einem selbst entwickelten Beschriftungssystem, wo´s im Handwerk wie auch im Geschäft langgeht.

Daß Peter Wagner stolz auf seinen Betrieb sein kann, weiß er. Nach einer Besichtigung seiner Werkstätten weiß das auch der Besucher. 38 Jahre ist der Maler- und Lackierermeister, vor 15 Jahren legte er die Meisterprüfung ab, zwei Jahre später gründete er den eigenen Betrieb. Vater Josef, im gleichen Handwerk selbstständig, muß sich schon gewundert haben, daß sein Sohn quasi um die Ecke das eigene Unternehmen aus dem Boden stampfte. Doch Warten war nicht die Sache des jungen Wagner, ist sie auch heute nicht: "Meine Ziele will ich schnell erreichen, 100 Prozent und nicht 99." Im Fachgebiet "Beschriftungstechnik" fand er eine Marktlücke in seinem Traditionshandwerk. Moderne Technik und die gute, alte Handwerksarbeit sind heute unter dem Dach seiner 600 Quadratmeter großen Halle zu Hause, mehr als eine Million Mark hat der Cochemer in den Neubau investiert. Darin wimmelt es von High-Tech: Computer, Plotterschneider- und Fräser, sogar eine selbstentwickelte Druckmaschine für T-Shirts gibt es hier genauso, wie den ganz normalen Siebdruckarbeitplatz. Auch in der Investitionsbereitschaft zeigt sich die Entschlossenheit, die Selbstsicherheit von Handwerker Wagner bei der Beurteilung des Leistungspotentials im Unternehmen.

Ob LKW-Planen, Zelte, kompletter Messestand oder edle Orientierungstafel in Bürobauten, ob mit Farbe oder selbstklebenden Folien, ob Buchstabe, Bild, Logo oder Gravur - Peter Wagner und seine sieben Mitarbeiter können alles und bieten alles. "Zu einem ordentlichen Preis", ergänzt der junge Unternehmer, "und Top-Qualität, ansonsten hätten wir keine Kunden 600 Kilometer von Cochem entfernt".

Berlin, Frankfurter Allee. Die deutsche Hauptstadt ist Europas größte Baustelle, unter der Nummernschildervielfalt der "Baufahrzeuge" ist im Herbst 1996 auch ein "COC"-Wagen zu finden. Der Auftrag: In einem Großbau sollen mehr als 500 Orientierungsschilder im Labyrinth aus Einkaufszeilen, Geschäftsräumen, Arztpraxen, Büros und auch Wohnungen bei der Information nach dem "Was" und "Wo" helfen. "Da bekommt man bei der Erstbesichtigung weiche Knie, auch weil man einen Tag unterwegs ist, bis man alle ´Einsatzorte´ gesehen hat", so Malermeister Wagner. Der Zeitplan ist - wie auf allen Großbaustellen - straff, bis Stunden vor der offiziellen Übergabe wird gearbeitet. Bei der Abnahme - und auch das ist üblich - quitscht hier eine Tür, flackert da eine Lampe. "Der Mängelkatalog umfaßte am Ende 13.000 Punkte - wir waren eines der wenigen Unternehmen, das sich absolut keinen Fehler geleistet hat." Darauf ist er stolz, umsomehr, weil es sich bei den Produkten um ein selbstentwickeltes Beschilderungssystem handelt, das unter Wagner´s Firmennamen ins Warenregisterzeichen eingetragen wurde. "Der Kunde kann die Hinweiselemente wie Namen oder Richtungspfeile ganz einfach selber ändern, austauschen und wieder einsetzen - das ist verbraucherorientiert und wird heute gefordert. Wie soll sonst ein Cochemer Handwerker zügig und kostengünstig in Berlin ein Tableau aktualisieren", so Ehefrau Sylvia Wagner, Marketingexpertin der Firma.

Vater und Sohn Wagner: In den nächsten Wochen geht Vater Josef "in Rente", Peter Wagner übernimmt dann das 1930 vom Großvater gegründete Familienunternehmen. Angst vor der Verantwortung, vor der Unternehmensexpansion in wirtschaftlich angespannten Zeiten? "Nein, die Mitarbeiter und ich haben gezeigt, wie Umsätze gemeinsam kontinuierlich gesteigert werden, wie Marktlücken gesucht und erschlossen werden können - da brauche ich mir keine Sorgen um die Zukunft, mein Vater keine um sein berufliches Lebenswerk machen."