Handwerk Special 58 vom 07.11.1997


Alles aus einer Hand

Zukunftsorientiertes Handwerk im Westerwald

Man sieht sie schon von weitem, die Tischlerei Zöller, wenn sich nicht gerade die schweren Herbstnebel auf die "Wäller" Höhen legen. Aber zu verfehlen ist der moderne Handwerksbetrieb in Steinebach/Sieg trotzdem nicht. Im Inneren: viel Holz, hochwertige Kunststoffe, raffinierte Beleuchtungstechnik, High-Tech-Werkstatt. "Wir gehen, was unser Handwerk betrifft, eigentlich einen ganz anderen Weg als die meisten Schreinereien", sagt Wolfgang Zöller, der Inhaber des gleichnamigen Betriebes für Ausstellungs- und Messebau, Innenausbau und Planung. Alles aus einer Hand, vom ersten Kontakt mit dem Kunden bis zur schlüsselfertigen Realisierung.

Die Anfänge der bundesweit operierenden Firma liegen in einer typischen Dorfschreinerei, die Hermann Zöller, der Vater des jetzigen Chefs, 1958 in Wissen gründete. Den ersten Aufschwung erlebte das Unternehmen, als es Ende der 60er/Anfang der 70er fast 350 Poststellen in Westerwald und Eifel ausbaute - damals sollte noch jedes Dorf seinen eigenen Postschalter bekommen. Zehn Jahre später erfolgte eine erste Spezialisierung: der Bau von Ausstellungen im Sanitärhandel. Hier entstand das Konzept "Alles aus einer Hand"; der Kunde hat nur den einen Ansprechpartner, die Zöllers fertigten und montierten den kompletten Auftrag mit ihren Partnern. Dazu gehören Schlosser, Elektriker, Boden- und Fliesenleger, Trockenbauer, Maler.

Ausstellungs- und Innenausbau: Die Lehrlinge gehen an die Feinarbeit von Hand genauso ‘ran wie an die modernen Techniken.

Vor fünf Jahren übernahm Wolfgang Zöller die Tischlerei von seinem Vater; in diese Zeit fällt auch der Umzug in den Neubau in Steinebach. Platz wurde gebraucht für das schon bestehende hauseigene Planungsbüro, in dem auch Innenarchitekten mitarbeiten. Computertechnik ist hier bereits seit Jahren kein Fremdwort mehr: "Planung - Arbeitsvorbereitung - Fertigung sind bei uns weitgehend vernetzt", sagt Zöller. "Was bei uns auf CAD geplant wird, geht fast automatisch in die Fertigung. Dadurch reduzieren wir die Fertigungszeiten, was sich letztlich im Preis, und durch CNC-gesteuerte Bearbeitungszentren in der Qualität aller Produkte niederschlägt." Der Unternehmer, der vor seiner Meisterprüfung eine Lehre als Tischler und als Bürokaufmann machte, weiß, daß sich die riesigen Investitionen in High Tech rechnen.

Wichtig sind sie auch für den Tischlernachwuchs. Solide Handwerksausbildung ist und bleibt die Grundlage für eine ordentliche Schreinerlehre. In Zukunft werden jedoch EDV, CAD und CNC einen immer größeren Teil des Berufsalltages in diesem Handwerk ausmachen. "Die Lehrlinge lernen bei uns den Umgang mit diesen High-Tech-Fertigungsmöglichkeiten", betont Zöller, der auch Obermeister für sein Gewerk im Kreis Altenkirchen ist. Zwei bis drei Lehrlinge pro Jahr in der Tischlerei und alle drei Jahre einer im Büro sind bei ihm immer dabei.

Der 39jährige macht sich schon jetzt Gedanken um seinen Nachfolger an der Firmenspitze, den er langfristig an die Aufgaben heranführen will. Neben der Fachkompetenz - ohnehin Voraussetzung - sind die kaufmännischen Aufgaben wie Marketing, denen sich ein selbständiger Unternehmer stellen muß, für Zöller fast noch wichtiger: "Wir müssen heute dem Kunden kaufen helfen. Deshalb sollte es eigentlich zwei Meister geben: den Betriebsmeister, der die Werkstatt leitet und den Unternehmensmeister, der neben der Kompetenz im Handwerk in erster Linie Kaufmann und mit allen Wassern gewaschen sein müßte." Sein Kunden-Leitfaden "Konzeption Design 2000" läßt jedenfalls nicht zu, daß sich Nebel auf die Arbeit seiner Meisterwerkstatt legen: Der Kunde findet sich mit seinen Wünschen und Vorstellungen in der Handwerksarbeit wieder, weil sie im Dialog mit ihm entwickelt wurde.