Handwerk Special 59 vom 28.11.1997


Handwerk mit Biß

Zahntechniker stehen vor großen Herausforderungen

Zahntechniker

Zähne zusammenbeißen hilft dann auch nicht mehr, wenn sich die Zahnschmerzen über den Kopf ausbreiten. Oder wenn es um die Kosten für die Zahnbehandlung geht. Das duldet keinen Aufschub, als Patient muß man da durch - und hin zum Zahnarzt. Der hat, wenn es um Zahnersatz geht, einen kompetenten Partner aus dem Handwerk: den Zahntechniker. Der fertigt individuell in echter Handarbeit an, was dem Patienten nachher gut zu Gesicht steht, damit er "auch morgen kraftvoll zubeißen" kann. Hier aber läuten derzeit die Alarmglocken: "Neuordnung des Gesundheitswesens", wieder eine Reformstufe mit dem neuen Jahr. "Ich fürchte, das wird einen riesigen Knall geben", sagt Zahntechnikermeister Rainer Conrad, der mit einem Gesellen und zwei Lehrlingen ein Dentallabor in Koblenz führt. Gerade für die Kleinen in der Branche kann die Luft dünn werden: Haben die Krankenkassen bislang einen Prozentteil der vorher genehmigten Behandlungskosten getragen, gibt es ab 1.1.98 einen Festzuschuß für die Behandlung. Vorteil: Der Patient hat die freie Wahl in der Behandlungsmethode und bei den Materialien. Nachteil: Höhere Kosten bei höherwertigem Zahnersatz gehen ganz zu Lasten des Patienten. Oder aber des Zahntechnikers, der sich zunehmend auch dem Preisdruck ausländischer Billig(qualität)anbieter stellen muß.

Titan im Laserschweißen
Titan & Laser in der Zahntechnik: Titan wird schon lange in der Implantatik verwendet. Seit etwa zwei Jahren erlaubt eine verbesserte Gußtechnik auch die Herstellung von Zahnersatz aus Titan. Das Rohstoffaufkommen ist größer als bei anderen Edelmetallen: ein deutlicher Preisvorteil. Den aber schluckt zum Teil die kostenintensive hochtechnisierte Verarbeitung, dennoch bleibt Spielraum für hochwertige Verblendungen. Titan ist als Monometall geschmacksneutral und sehr gut verträglich. Bei Verwendung von Metallegierungen oder dem Einsatz von (minderwertigen) Lötmetallen bilden sich elektrische Potentiale, die der Patient als metallischen Geschmack wahrnimmt. Titan ist nicht lötbar, wird aber im Laserschweißgerät ohne Zusatz von Loten dauerhaft verbunden.

Kunde und Auftraggeber des Zahntechnikers ist der Zahnarzt. Der berät den Patienten über die verschiedenen Therapieformen und die Möglichkeiten im Zahnersatz. Diese Aufklärungsarbeit wird umfangreicher: Neben Kunststoffen, Keramiken, Metallegierungen und Edelmetallen ist längst auch Titan im Rennen; auf einem metallischen Träger, zum Beispiel für Implantate, werden Kronen aus unterschiedlichen Werkstoffen befestigt. "Wir können selbst feinste Strukturen und Farbschattierungen in die Verblendungen aus hochfester Keramik einarbeiten", versichert Zahntechnikermeister Norbert Glang von Dentatec in Koblenz. Diese Feinabstimmung klappt natürlich nur im unmittelbaren Kontakt mit dem Patienten. Sie außerhalb der Therapiewege genau zu informieren, wird eine zentrale Aufgabe des Zahnhandwerkers.

Dentallabor Lubberich veranstaltete dazu das "Koblenzer Dental Forum" mit Fachveranstaltungen für Zahnärzte und einem Marktplatz "Rund um den Zahn" für Patienten. Daß die Arbeit des Zahntechnikers immer "Qualitätszahnersatz in seiner höchsten handwerklichen Perfektion" schafft, so Alois C. Lubberich, sollte deutlich werden. Zweimal jährlich lädt Dentatec in die eigenen Schulungsräume zu Fortbildungen für Zahnärzte und -techniker. Meister Martin Schäfer: "Sowohl in den Material- und Implantattechnologien wie auch in betriebswirtschaftlichen Fragen ist es entscheidend, auf dem neuesten Stand zu bleiben." Das theoretisch Gelernte setzen die Teilnehmer in den Labors praktisch um. Außerdem engagieren sich die beiden Dentatec-Meister in der Überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung (ÜLU) der HwK und bilden auch selbst aus.

Rund 180 junge Leute erlernen das Zahntechniker-Handwerk, bis zu 50 stehen jährlich zur Gesellenprüfung an, Tendenz fallend: "Es ist zu erkennen", sagt der Neuwieder Zahntechnikermeister und Prüfungsausschußvorsitzende Achim Becker, "daß unsere Betriebe in den letzten zwei Jahren auf die Bremse getreten haben." Angesichts des Kostendrucks und der zu erwartenden Auswirkungen durch die Neuordnung des Gesundheitswesens verhalten sich einige Betriebe zurückhaltender.

Grobarbeit am Gipsabdruck

Was sich ändert:
"Bei entsprechender Eigenbeteiligung", so der Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen, "stehen allen gesetzlich Krankenversicherten, die nicht die Härtefallregelung für sich beanspruchen müssen, nahezu sämtliche Therapieformen offen, ohne daß der Festzuschuß entfällt." Das Bonussystem für regelmäßigen Zahnarztbesuch wird beibehalten.

Der Festzuschuß (mit Bonus) für Krone/Brückenanker liegt bei 306 Mark, für Verblendungen bei 46 Mark oder für eine Totalprothese bei 570 Mark (Beschluß des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen vom 31.10.97).