Handwerk Special Nr. 75 vom 17. Mai 2000 - page 9

5. Juni 1900: Erster Etat der jungen Handwerkskammer zu Coblenz steht.
Gustav Koepper aus Ho-
henlimburg wurde in der
ersten Vorstandssitzung
zum Sekretär der HwK er-
nannt. Zwei Wochen spä-
ter legt er einen Etatent-
wurf für 1900/01 vor, der
mit kleinen Nachbesserun-
gen angenommen wird.
Umfang: 18 700 Mark.
Größter Posten ist mit
3000 Mark sein Gehalt,
ferner für Bildung Beihil-
fen von 1000 Mark.
Eine Urkunde, 1948 von der
Handwerkskammer Koblenz
für Peter Christian in Aner-
kennung seiner mehr als 50-
jährigen Berufstätigkeit aus-
gestellt, belegt die frühenWur-
zeln des Familienbetriebes im
Schmiedehandwerk in Bad
Sobernheim.
Der Großvater des heutigen Se-
niorchefs führte das Unterneh-
men bereits in der zweiten Ge-
neration, während heute schon
die fünfte Generation nach dem
Ruder greift. Der älteste Beleg
reicht in das Jahr 1874 zurück:
Karl Christian (1850-1909)
kaufte in Abtweiler ein Haus
aus dem17. Jahrhundert, in dem
er spätestens im darauf folgen-
den Jahr eine Schmiedewerk-
statt einrichtete.
Sohn Peter (1875-1953) über-
nahm nach seiner Lehrzeit in
Meisenheimden Betrieb umdie
Jahrhundertwende; die dritte
Generation folgte mit Karl II.
(1913-94), der in Bad Sobern-
MitVerabschiedungdesBerufs-
bildungsgesetzes und der dar-
auf folgenden Novellierung der
Handwerksordnung 1968/69
wurden Landmaschinenmecha-
niker- und Schmiedehandwerk
für verwandt erklärt. Dadurch
konnte Christian sein Betäti-
gungsprofil mit der Betriebs-
übernahme 1974 umstellen, und
nachdementsprechendenNach-
weis derAusbildereignung auch
Landmaschinenmechaniker
ausbilden.
Mitte der 70er Jahre zog der
Betrieb nach Bad Sobernheim
um, während das Haus in Abt-
weiler bis heute Wohnsitz der
Familie blieb. Erwin Christian
zieht die tägliche Arbeit einem
„Unruhestand“ vor, hat aber
trotzdem seine beiden Söhne
Karl-Peter (geb. 1959) und
Matthias (geb. 1968) längst in
die Entscheidungsprozesse ein-
bezogen: den einen als Hand-
werker vom Fach, den anderen
als gelernten Kaufmann. Nach-
dem sich abzeichnete, dass die
fünfte Generation den Betrieb
weiterführen möchte, konnten
die Christians Umzug und da-
mit verbundene Vergrößerung
am neuen Standort in der
Sobernheimer Breitlerstraße
wagen.
„Der Bestand eines Unterneh-
mens hängt in erster Linie von
der Nachfolge ab, erst in zwei-
ter von der Marktsituation“,
zeigt sich Erwin Christian über-
zeugt. Und: „Hauchdünn bes-
Auch wenn in moderne Landmaschinen längst der
Computer Einzug gehalten hat, verliert die Arbeit an
der Mechanik nicht an Bedeutung.
ser zu sein als der Mitbewerber
bringt den Erfolg, selbst wenn
meine Leistungen nicht billiger
sind. Auf keinen Fall darf ich
den anderen schlecht reden.“
Das Landmaschinenmechani-
ker-Handwerk steht mit dem
Schwinden der kleinen undmitt-
leren Landwirtschaftsbetriebe
vor einemgroßenUmbruch; die
Entfernungen zum Kunden
wachsen. Umso wichtiger ist,
den Kunden als Partner zu se-
hen und ihnmit Service zu über-
zeugen.
Selbst die computergesteuerten
Funktionen heutiger Landma-
schinen können vor Ort auf dem
Acker geprüft und in Ordnung
gebracht werden. Dafür setzt
ErwinChristian zweiWerkstatt-
busse ein, die von seinen zehn
Mitarbeitern - neun davon aus
dem handwerklichen Bereich -
bedient werden.
Erwin Christian - mit der
Ehrenurkunde seines
Großvaters - denkt noch
nicht daran, sich zur
Ruhe zu setzen, bindet
aber bewusst die fünfte
Generation in die Ent-
scheidungen mit ein.
Generationswechsel
Fast jeder dritte Betrieb im
Kammerbezirk steht in den
nächsten fünf bis sieben
Jahren zum Generations-
wechsel an, weil der Be-
triebsinhaber die 60-Jahre-
Schwelle ansteuert.
Wenn keine familieninter-
ne Übernahme möglich ist,
muss ein geeigneter exter-
ner Kandidat gefunden
werden, soll der Betrieb
nicht geschlossen und da-
mit Arbeitsplätze gefährdet
werden.
Eine Chance vor allem für
Jungmeister, für die die
Übernahme eines im Markt
etablierten Unternehmens
das eigene Risiko auf dem
Weg in die Selbständigkeit
mindern kann.
Die HwK-Betriebsberatung
unterhält eine Betriebs-
börse, die viermal im Jahr
in gedruckter Fassung er-
scheint und ständig aktuali-
siert im Internet zu finden
ist. - Infos unter Tel.: 0261/
398-251, Fax: -994, Email:
Int.:
heim lernte. Bis dahin galt für
den kleinen Betrieb die Devise:
„Du musst außerhalb lernen;
was wir im eigenen Betrieb
machen, bekommst Du so mit!“
Eine Zäsur brachte der Zweite
Weltkrieg; Erwin Christian
(geb. 1939) schnupperte bei
Großvater Peter ins Handwerk
hinein, während sein Vater ein-
gezogen war. In den Auf-
baujahren wuchs der Bedarf an
Schmiedearbeiten vor allem für
die Landwirtschaft.
Obwohl Erwin, der 1964 seine
Meisterprüfung als Schmied
ablegte, sich selbst gerne als
Kunstschmied betätigt und auch
heute noch gelegentlich am
Amboss steht, betrieb er bewusst
die Neuorientierung Richtung
Landmaschinenmechanik.Nach
seiner Lehre im elterlichen Be-
trieb folgten auch für ihn Wan-
derjahre, in denen er gezielt
Lehrgängebei Traktorenherstel-
lern wie der Traditionsmarke
Lanz Bulldog besuchte.
Raumausstattermeis-
terin Martina Groß-
Schoofs (33) ist be-
reits seit 1992 Ober-
meisterin ihrer Innung
und war damals die
erste Frau, die in ein
Ehrenamt gewählt
wurde. „Darauf bin
ich stolz“, sagt sie, die
seit 1999 auchLandesinnungs-
meisterin für das Raum-
ausstatter- und Sattlerhand-
werk Rheinland-Pfalz ist. Be-
reits seit 1996 war sie im Vor-
stand des Landesinnungs-
verbands aktiv.
„Ich bin gerne Handwerkerin
und bringe dies auch nach au-
ßen”, betont Groß-Schoofs.
Einen Schwerpunkt ihrer eh-
renamtlichen Tätigkeit sieht
sie darin, die Präsenz des
Handwerks in der Öffentlich-
keit zu stärken. Weiterbil-
dungsseminare stehen im Jah-
resplan der Innung ganz oben.
BesonderenStellenwert haben
dabei die neuen Medien.
Auch für dieses Jahr ist bei
den Raumausstattern der In-
nung Ahrweiler ein
„Tag der offenenTür“
mit lebenden Werk-
stätten geplant. Der
Besuch einer Aus-
landsmesse ist ein
weiterer Punkt, den
sie mit den 14 In-
nungsmitgliedern rea-
lisieren möchte.
In ihrer Freizeit bleibt sie krea-
tiv: Beim Malen kommen ihr
Stilempfinden und Einfüh-
lungsvermögen zugute.
Nach dem Abitur 1986 lernte
Martina Groß-Schoofs im el-
terlichenBetrieb. Parallel dazu
absolvierte sie eine Lehre zur
Einzelhandelskauffrau. 1992
legte sie die Meisterprüfung
für das Raumausstatterhand-
werk ab und qualifizierte sich
1994 zum Betriebswirt des
Handwerks. Gemeinsam mit
ihrem Bruder und den Eltern
führt sie das vor 37 Jahren von
Hans-Josef Groß in Bad
Neuenahr gegründete Unter-
nehmen mit 30 Mitarbeitern,
darunter drei Lehrlinge, und
einer Filiale in Bonn.
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