Handwerk Special Nr. 85 vom 30. Januar 2002 - page 5

Denkmalpflege in Venedig lernen:
Für Fortbildungsstipendium bewerben
Als Lehrling gestartet - nach der Bundeswehr als Meister selbstständig
30. Januar 2002
Nr. 85
Zurück zur alten
Liebe
Handwerker aus den Breichen
Bau, Farbe, Holz, Metall, Par-
kett, Naturstein und Stuck kön-
nen sich für ein dreimonatiges
Stipendium am Europäischen
Zentrum für die Berufe in der
Denkmalpflege in Venedig be-
werben.
Sie haben dort die Möglichkeit,
ihre Kenntnisse und Fertigkei-
ten in der Pflege und Erhaltung
historischer Bausubstanz und
wertvollen Kulturgutes zu er-
gänzen und zu erweitern. Über
die Erweiterung der fachlichen
Kenntnisse und Fertigkeiten
hinaus besteht dabei die Gele-
genheit, mit Kollegen aus ande-
ren Ländern fachübergreifend
zusammen zu arbeiten. Das Sti-
pendium gilt für eine Teilnah-
me am MASTRO-Kurs, der
voraussichtlich im September
2002 starten wird. Vorausset-
zungen für eine Bewerbung um
das Stipendium sind eine Ge-
sellenprüfung und 36 Monate
praktische Erfahrung in der
Denkmalpflege oder eineMeis-
terprüfung und zwölf Monate
praktische Erfahrung in der
Denkmalpflege. Vergebenwer-
den 16-18 Stipendien. Der
Bewerbungsschluss ist am 14.
Juni.
InformationenundBewerbung
bei der HwK-Berufsbildung:
Tel.: 0261/398-223
Fax: 0261/398-994
E-Mail:
Internet:
„Mach, was du denkst, und das möglichst
gut!“, lautet die Devise von Jörg Andres.
Damit ist er als Soldat auf Zeit gut gefahren
und er baut darauf auch in seiner noch jun-
gen Selbstständigkeit als Tischlermeister.
@
Beratungszentrum Bundeswehr-Handwerk bei der HwK
Info-Tel.: 0261/398-126
Das Beratungszentrum Bundeswehr-Handwerk bei der HwK Ko-
blenz vernetzt die Nachwuchsgewinnung für das Handwerk und
die Bundeswehr.
Im Rahmen der Kooperation informieren Wehrdienstberater die
Lehrlinge während der überbetrieblichen Lehrgänge in den HwK-
Berufsbildungszentren über ihre Karrierechancen bei der Bundes-
wehr, wenn sie sich nach der Gesellenprüfung verpflichten.
Für Soldaten auf Zeit entwickeln die HwK-Experten individuelle
Qualifizierungspläne für das zivile Erwerbsleben nach der Bun-
deswehr.
Darüber hinaus pflegt das Beratungszentrum den politischen Dia-
log mit militärischen, zivilmilitärischen und zivilen Partnern.
Infos & Anmeldung zum individuellen Beratungsgespräch:
Tel.: 0261/ 398-126, Fax: 0261/ 398-934
E-Mail:
Informationen für Soldaten
Eine Reihe von guten Gedan-
ken hat der 33-Jährige aus
Beulich/Hunsrück beruflich in
die Tat umgesetzt. Nach der
Schreinerlehre bei Erich Lam-
berti in seinem Heimatort und
erstenGesellenjahrendort, stand
für ihn ein beruflicher Wechsel
auf dem Plan. Eine neue Stelle
in seinem Handwerk hätte er
aber nur mit geleistetem Wehr-
dienst bekommen. Wenn schon
Bundeswehr, dann richtig: Im
Januar 1989 begann Andres zu-
nächst als „SaZ 4“ im Fern-
melde-Bataillon Koblenz.
Nach der Grundausbildung mo-
tivierten ihn seine Vorgesetzten
zur Unteroffizier-Laufbahn.
Jörg Andres besuchte kaufmän-
nische Lehrgänge und übte ab
demzweitenDienstjahrVerwal-
tungstätigkeiten aus. Im Zuge
der Fachausbildung belegte er
über den Berufsförderungs-
dienst der Bundeswehr (BFD)
bei der Handwerkskammer den
Lehrgang „Koordinator für Bü-
rokommunikation“, verpflichte-
te sich auf zwölf Jahre und hatte
- wie viele seiner Kameraden -
eine spätere Beschäftigung im
öffentlichen Dienst im Blick.
Hobby und Beruf
Die Arbeitszeiten ließen ihm
Raumfür seine „alteLiebe“ zum
Holz. Er begann sein altes Fach-
werkhaus in Beulich grundle-
gend zu renovieren und auszu-
bauen, sammelte dabei über die
Schreinerarbeiten hinaus wich-
tige Erfahrungen. Über all die
Jahre pflegte er den Kontakt zu
seinem Lehrmeister und konnte
dessen Werkstatt in seiner Frei-
zeit nutzen.
In den letzten beiden Dienstjah-
ren bei der Bundeswehr stand
die Qualifizierung für das zivile
Erwerbsleben „danach“ an. Das
Interesse amöffentlichenDienst
und die Möglichkeiten darin
waren geschwunden und als
angestellter Schreinergeselle
wollte Andres nicht arbeiten -
derVerdienst wäre imVergleich
zum Sold zu gering gewesen.
Nach der Beratung durch den
BFD begann er deshalb eine
Ausbildung zumGroß- undAu-
ßenhandelskaufmann in einem
Betrieb, der ihm eine spätere
Übernahme in Aussicht stellte.
In die Selbstständigkeit
Als Tischlermeister Erich Lam-
berti nach einem Schlaganfall
seinen Beruf aufgeben musste,
bot er demausscheidendenZeit-
soldaten seinen Betrieb zur
Pacht an. Dafür fehlte ihm aber
der „Meister“. Nach einem er-
sten „geht nicht“ wegen der lau-
fenden Ausbildung im Betrieb
und einem anschließenden Ge-
spräch mit Hans-Joachim Ben-
ner vom Beratungszentrum
Bundeswehr-Handwerk bei der
HwK Koblenz - selbst Oberst-
leutnant der Reserve - belegte
Jörg Andres den Meisterkurs
zunächst in Teilzeit. Nach be-
standener Kaufmannsprüfung
folgten die Fachkurse zur Meis-
terprüfung in Vollzeit.
Der Weg zur Selbstständigkeit
im Handwerk war für den
Jungmeister geebnet. Mit Mi-
chael Fuhr von der HwK-
Betriebsberatung analysierte er
die Markt- und Standortsitua-
tion, mit HwK-Jurist Dieter
Ehrmann besprach er die
Rechtsform des Betriebes. Mit
den Werkstatträumen und Ma-
schinen seines früheren Lehr-
herrn - ergänzt durch eine neu
erworbene Großsäge - startete
Andres im Frühsommer 2001
seine Schreinerei.
„Während der kaufmännischen
Ausbildung und Prüfung und
der Meistervorbereitung hatte
ich überhaupt keine Zeit, mir
Gedanken über diesenDruck zu
machen. Ich bin da durchmar-
schiert“, beschreibt der Jung-
unternehmer seinen Werde-
gang. „Die Anlaufphase für
meine Schreinerei ist auch eine
harte Zeit, aber obwohl ich jetzt
mehr arbeite, habe ich auchmehr
Freizeit.“
Während der ersten beiden Jah-
re sichern ihm die Übergangs-
gebühren der Bundeswehr den
Lebensunterhalt. Den Ertrag,
den die Werkstatt abwirft, kann
er wieder investieren. Die ers-
ten Monate sind gut angelau-
fen, und Jörg Andres sagt, dass
er den Schritt in die Selbst-
Nach zwölf Jahren Bundeswehr hat Jörg
Andres seinen Traum vom eigenen Betrieb
verwirklicht. Als Ziel für seine Schreinerei
nennt er die Aufarbeitung alter Treppen,
Türen und Fenster.
ständigkeit wieder gehen wür-
de. „Alles, was aus Holz ist“,
zählt er zu seinem Betätigungs-
feld. Er übernimmt Aufträge
zumEinbauvonVollholzparkett
genauso wie von Fenstern und
Türen. Aber seineGedanken für
die Zukunft gehen in Richtung
Aufarbeitung von alten Fens-
ter, Türen und Treppen. Histo-
rische Bausubstanz, die saniert
werden will, gibt die Region
genug her. Erste Visitenkarten,
die zeigen, dass er gut macht,
was er denkt und anpackt, hat er
bereits hinterlassen, beispiels-
weise am Kirchenportal seines
Heimatortes.
Jörg Andres führt nach der Bundeswehrzeit die Schreinerei seines Lehrmeisters weiter
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