Handwerk Special 97 vom 07.02.2004


„Der Beruf ist mein Leben“

Erwin Pauly bringt Edelsteine zum Sprechen

Die Arbeiten von Edelsteingraveurmeister Erwin Pauly beeindrucken durch ihre Perfektion.

Würde man alle Aktivitäten des bald 70-jährigen Edelsteingraveurmeisters Erwin Pauly aus Veitsrodt aneinander reihen, brauchte es mehr als 100 Jahre. Unermüdlich hat sich der Grandseigneur seines Ge- werbes für seinen Berufsstand stark gemacht und dafür, hohe handwerkliche Qualität gegen Massenware aus der Maschinenproduktion zu setzen. „Sich nicht auf Erreichtem ausruhen, immer nach neuen Herausforderungen suchen“, ist seine Lebensphilosophie. An den Ruhestand denkt der rüstige Handwerksmeister noch lange nicht.

„Ich bin gesund, habe Freude an der Arbeit, der Beruf ist mein Leben.“ Und dass ihm körperliche und geistige Frische erhalten bleiben, dafür tut Erwin Pauly etwas. Jeden Morgen setzt er sich 25 Minuten auf ein Trimmrad und macht gemeinsam mit seiner Frau Gymnastik. Eine ausführliche Zeitungsschau beim Frühstück schließt sich an. Dann geht er an den Computer, liest und schreibt E-Mails und informiert sich im Internet. „Das ist beinah ein Ritual“, lacht er.

Seine Arbeit schätzt die Welt

Seit über vier Jahrzehnten ist der Name Erwin Pauly untrennbar mit der Edelsteinbearbeitung verbunden. Überall in der Welt schätzt man seine sensiblen Schöpfungen, die sich durch künstlerische Ausdruckskraft und technische Perfektion auszeichnen und sich vom Herkömmlichen abheben. Jüngstes Beispiel ist seine Demonstration der Graveurkunst vor internationalen Kunstexperten im Rahmen einer Ausstellung im Kunstmuseum Bern. „Das erfüllt mich mit Stolz“, sagt er. Er weiß, die Kontakte zu führenden Goldschmieden und Juwelieren in der Welt werden einem nicht in den Schoß gelegt. „Die muss man sich erarbeiten. Jeder muss dabei seinen Weg gehen, muss herausfinden, was ihm wichtig ist“, so Pauly. Das sagt er dem Nachwuchs in seinem Handwerk immer wieder.

Segelfliegen gab Antrieb

Er erzählt von seiner Leidenschaft, dem Segelfliegen und darüber, dass sich dieses Abheben von der Erde, die Sicht auf andere Weiten und Farben, die Dynamik von Wind und Wolken kreativ auf seine Arbeit ausgewirkt haben. „Du spürst die unendliche Freiheit, löst dich von eingefahrenen Fährten und begehst neue Wege“, beschreibt er seinen Antrieb. Bei aller persönlichen Wertschätzung war es ihm dabei auch immer wichtig, die Region Idar-Oberstein als Zentrum der Edelsteinbearbeitung weltweit bekannt zu machen.

Steine sprechen

Der 69-Jährige, der bereits über 53 Jahre Berufserfahrung verfügt, berichtet, dass er sich nach seiner Lehrzeit im Abendstudium auf die Darstellung von Gesichtern spezialisiert hat. Das erklärt die unnachahmliche Plastizität seiner Kameen. Man muss es erleben, wie unter seiner Hand ein Stück Achat Form annimmt und mit Hilfe von Bohrern und Fräsen ein Gesicht entsteht. „Der Stein beginnt zu sprechen“, nennt es Pauly. „Das läuft wie eine Inszenierung“, beschreibt er den Entstehungsprozess einer Kamee. Auf kleinstem Raum erzählen diese Miniaturkunstwerke ihre Geschichte.

Meisterhaftes Schaffen

Die Liebe und Sorgfalt zum Detail, seinen Drang nach Perfektion gab er an seine drei Söhne (alle Edelsteingraveure) und seine Lehrlinge weiter. Die Gesellin Eva Röhrig wurde Bundessiegerin und bereitet sich derzeit auf die Meisterprüfung vor. Auch wenn der Meisterbrief in seinem Handwerk als Voraussetzung für die Selbstständigkeit gefallen ist, ist es Pauly nicht bange. „Meister ist, wer Meis-terhaftes schafft. Der Weg seine Meisterschaft bestätigen zu lassen, steht nach wie vor jedem offen.“ Und das der Meisterbrief nach wie vor starkes Gewicht hat, beweisen nicht zuletzt die sechs Gesellen aus der Region um Idar-Oberstein, die sich jetzt für den Meistervorbereitungskurs angemeldet haben.

Unermüdlich im Ehrenamt

Im Ehrenamt ist Erwin Pauly seit 40 Jahren aktiv. So als Vorsitzender der Prüfungskommission für alle Edelstein bearbeitende Berufe im Kreis Birkenfeld der Handwerkskammer Koblenz, Sachverständiger und Gutachter der Artexperts Bern, die auf dem Gebiet der bildenden und angewandten Kunst operiert. Er ist Mitglied der Vollversammlung der HwK Koblenz und Sprecher im Kuratorium des Deutschen Edelsteinmuseums. „Ehrenamtliche Arbeit ist Herzenssache“, sagt er. „Jeder, der etwas bewegen will und dabei nicht nur an sich denkt, muss sich engagieren“, so sein Plädoyer für das Ehrenamt.

Mehr über Erwin Pauly unter
www.erwin-pauly.de