Handwerk im Sommer vom 03.07.2004


Handwerk erfüllt Ausbildungspakt

Im Gespräch mit HwK-Präsident Karl-Heinz Scherhag zur positiven Lehrstellensituation im nördlichen Rheinland-Pfalz

 HwK-Präsident Karl-Heinz Scherhag lobt das umfangreiche Engagement der Handwerksmeister in Sachen Ausbildung. Sie geben Jugendlichen die Chance für einen erfolgreichen Start in die berufliche Zukunft und sichern sich gleichzeitig ihre Fachkräfte von morgen.

Das Handwerk im nördlichen Rheinland-Pfalz bildet mehr Jugendliche aus. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Lehrverträge um fast 5 Prozent. Aktuell sind 1030 Lehrverträge für dieses Ausbildungsjahr unterschrieben - über 60 mehr als zum gleichen Zeitpunkt 2003. Besonders erfreulich: Die Bau- und Ausbauberufe bilden wieder deutlich mehr aus.

Die positive Entwicklung geht, so die HwK Koblenz, zum einen auf eine verbesserte Beurteilung der wirtschaftlichen Situation durch die Unternehmen zurück, die sich bereits mit der Konjunkturumfrage der HwK Koblenz im Frühjahr 2004 angedeutet hat. Aber auch die zahlreichen Kampagnen und Veranstaltungen pro Ausbildung der HwK Koblenz in Zusammenarbeit mit Kirchen, Kommunen, den Agenturen für Arbeit und dem Ehrenamt tragen Früchte. „Unsere Betriebe waren stets vorbildlich, wenn es um die Ausbildung Jugendlicher ging“, macht HwK-Präsident Karl-Heinz Scherhag deutlich und weist darauf hin, dass das Handwerk im nördlichen Rheinland-Pfalz bereits heute den in Berlin unterzeichneten Ausbildungspakt erfüllt.

Herr Scherhag, während die Bundesregierung an ihrer Ausbildungsplatzabgabe herumbastelte, hat das Handwerk in unserer Region das Thema Ausbildung selbst in die Hand genommen und wieder mehr Lehrverträge unterschrieben. Welche Gründe sehen Sie dafür?

Scherhag: Auf jeden Fall nicht die geplante Abgabe der Bundesregierung. Wir haben diese Pläne stets abgelehnt und immer darauf verwiesen, dass so nicht eine einzige zusätzliche Lehrstelle geschaffen wird. Mit dieser Beurteilung standen wir nicht allein: Auch die Landesregierung hat sich für eine andere Lösung als die der Ausbildungsplatzabgabe eingesetzt, wofür wir ihr in aller Deutlichkeit danken.

Ausbildung hat etwas mit der Investition in die Unternehmen und die Jugend gleichermaßen zu tun. Ein Unternehmen, das aufgrund einer angespannten Gesamtkonjunktur in Schwierigkeiten ist, hält sich auch bei der Ausbildung zurück. Eine Strafabgabe belastet dieses Unternehmen zusätzlich. Die Abgabe wäre kontraproduktiv für den Aufschwung gewesen. Deshalb fordern wir schon seit langem eine Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für mittelständische Unternehmen ...

... die ja in dieser Form bisher nicht durch die Regierung angegangen wurde.

Scherhag: Das stimmt, doch hat sich die Beurteilung der konjunkturellen Lage in der Region verbessert, was sich unter anderem positiv auf die Ausbildungssituation auswirkt. Doch das allein bringt noch kein Plus von 5 Prozent bei den Ausbildungsverträgen zur Jahresmitte. Hier nimmt das Handwerk neben der wirtschaftlichen Verantwortung auch eine gesellschaftliche wahr.

Unseren Teil des Ausbildungspaktes erfüllen wir bereits heute, nun ist die Regierung am Zuge, die Rahmenbedingungen für den Mittelstand zu verbessern. Dann wird sich die Ausbildungsproblematik noch schneller in den Griff bekommen lassen.

Die HwK hat sich mit umfangreichen Kampagnen und Veranstaltungen in der Vergangenheit für die Ausbildung stark gemacht. Was ist aktuell geplant?

Scherhag: Auch wenn wir eine Entspannung der Ausbildungssituation im nördlichen Rheinland-Pfalz ausmachen, werden wir uns nicht zurücklehnen. Vor wenigen Tagen haben wir nach dem Erfolg des Vorjahres die Kampagne in Zusammenarbeit mit den Kirchen, Kommunen, Agenturen für Arbeit und dem Ehrenamt wieder gestartet. Das Echo ist stark. Viele Bürgermeister, Landräte und Pfarrer haben sich direkt gemeldet. Hinter der Hoffnung, dass wir wieder jedem Ausbildungswilligen und -fähigen eine Lehrstelle anbieten können, stehen also nicht nur Worte - hier handeln wir auf breiter Front.

Und natürlich spielt auch die Arbeit der HwK-Ausbildungsberater eine entscheidende Rolle, die die Beratung von Unternehmen genauso umfasst wie die der Jugendlichen. Hier laufen zahlreiche Informationen und Aktionen zusammen. Über 19.000 Beratungsgespräche wurden 2003 durchgeführt, in den ersten vier Monaten 2004 waren es bereits mehr als 7.000. Die Lehrstellen-Experten informieren dabei nicht nur über die Handwerksberufe, sondern vermitteln ganz konkret Lehrstellen und Praktika und motivieren Unternehmer, zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen.

Geben Sie einen Ausblick?

Scherhag: Wir haben immer darauf hingewiesen, dass erst am Jahresende ein verlässliches Ergebnis vorliegt. Wenn wir alle zusammen so weiterarbeiten und die Jugendlichen ihren Beitrag leisten, sich engagieren und bei der Suche nach einer Lehrstelle auf die Unternehmen zugehen, aber auch hier und da bereit sind, einen Kompromiss einzugehen, müssen wir uns um das Ergebnis keine Sorgen machen.

Herr Scherhag, vielen Dank für das Gespräch.