Handwerk im Winter vom 20.11.2004


1954 – Jahr der Meister

Handwerkskammer Koblenz verleiht Handwerkssenioren Goldenen Meisterbrief

1954 – Jahr der Meister
Meister-Leistungen geehrt

„Die Arbeit hält mich fit“, sagt Metzgermeister Hans Messer aus Bad Kreuznach. Noch heute hat der 76-Jährige, der dringend einen Nachfolger sucht, sein Geschäft an zwei Tagen in der Woche zur Freude seiner Stammkunden geöffnet. Dann gibt es die begehrte Fleischwurst nach altem überliefertem Rezept.

Hans Messer und weitere 80 Handwerkssenioren waren nach Koblenz gekommen, um den Goldenen Meisterbrief in Empfang zu nehmen. Damit ehrt die HwK Handwerker, die 1954 ihre Meisterprüfung vor der Handwerkskammer abgelegt haben. Wie auch andere „Goldene Meister“ kam Hans Messer in Begleitung seiner Familie zur Ehrung.

„Meisterliches Dreigestirn“

„1954 war das Jahr der Meister. Unsere deutsche Fußballnationalmannschaft wurde Weltmeister und Sie wurden Meister Ihres Faches: Handwerksmeister!“, begrüßte HwK-Präsident Karl-Heinz Scherhag die Handwerkssenioren. „Für viele Deutsche bedeutete der Gewinn der Fußballweltmeisterschaft mehr als einen sportlichen Erfolg. Es war ein Schritt zur internationalen Anerkennung. Für Sie, liebe Altmeister, bedeutete der erworbene Meistertitel ebenfalls neue Anerkennung. Dem Meister verdankt das deutsche Handwerk sein auch international hohes Ansehen. Wer an dieser Basis rüttelt, der nimmt dem deutschen Handwerk den Boden“, so Scherhag in seiner Laudatio.

Meister-Leistungen geehrt

„Sie haben mit Ihrer langen Tätigkeit im Handwerk bewiesen, dass Sie die Verantwortung für das Gemeinwesen nicht gescheut haben. Sie haben in 50 Jahren die Gesellschaft ganz wesentlich mitgeprägt. Das Handwerk wäre ohne Ihr Engagement in der schwierigen Nachkriegszeit und der Zeit des Wiederaufbaus nicht da, wo es heute ist“, fuhr Scherhag fort und betonte, dass „Leistung, Zusammenhalt, Zuversicht und persönlicher Einsatz Werte sind, die früher wie heute das Handwerk auszeichnen“.

Als Beispiel und stellvertretend für viele, die sich bis heute engagieren, nannte Scherhag: Kfz-Mechaniker Günther Kramb, der in diesem Jahr sein 50-jähriges Betriebsjubiläum feiert und Ehrenobermeister der Kreishandwerkerschaft Rhein-Hunsrück ist. Josef Stein, Konditormeister, ist seit über 30 Jahren als Beisitzer in verschiedenen Meisterprüfungsausschüssen tätig. Schlossermeister Gerhard Sturm war fast 30 Jahre Obermeister der Schlosserinnung Altenkirchen und Beisitzer im Innungsvorstand. Zimmerermeister Anton Adams hat über lange Jahre im Meisterprüfungsausschuss für sein Handwerk mitgewirkt. Hans Ising, Zentralheizungs- und Lüftungsbauermeister, war zwölf Jahre stellvertretender Obermeister und hat über 22 Jahre im Ausschuss für Lehrlingsstreitigkeiten zwischen den Parteien zu vermitteln versucht.

Mit ihrer Altmeisterfeier hält die HwK die Erinnerung an das Geleistete der Handwerkssenioren lebendig, denn sie schrieben ein Stück Wirtschaftsgeschichte. „Der Meisterbrief wird immer ganz oben stehen. Gott schütze das ehrbare Handwerk!“, beendete der HwK-Präsident seine Festrede. Sichtbar bewegt nahmen die Altmeister ihren Goldenen Meisterbrief entgegen.

Die Brüder Heinz (r.) und Herbert Luy und deren Cousine Annemarie Romes, geb. Luy: Alle haben 1954 mit Erfolg ihre Meisterprüfung als Konditor bzw. Friseur/in absolviert. „Die Liste der Ehrenämter, die beide Brüder innehatten, ist dermaßen lang, dass sie vermutlich nur den Luys selbst bekannt ist“, so HwK-Präsident Karl-Heinz Scherhag.

Augenoptikermeister Hans Jungbluth (u.r.) aus Neuwied hat bis zum 78. Lebensjahr sein Geschäft geführt, bevor er es vor zwei Jahren an seine Nichte, Juliane Dilthes (l.), übergab. „Auch wenn die Kassenleistungen durch die Gesundheitsreform stark zurückgegangen sind, was es unserem Berufsstand nicht leichter macht, appelliere ich an die junge Generation, am Meisterbrief festzuhalten. Er ist die Krone des Handwerks.“

Bäckermeister Peter Kreschel (l.) aus Halsenbach ist mit seiner Lebensgefährtin und deren Enkel gekommen. Für den 18-jährigen Bäckerlehrling Marc Beckmann ist der 77-jährige Kreschel ein Vorbild. „Es wäre schön, wenn ich auch 50 Meisterjahre schaffe“, sagt er. „Ich werde ihn auf jeden Fall ermutigen, die Meisterschule anzugehen“, fügt der Senior hinzu.

„Mein Meisterstück war ein weißes Kleid mit schwarzem Mantel, das eine junge Dame zum Pferderennen in Baden-Baden trug“, erzählt Schneidermeisterin Margot Walter aus Koblenz. Die 73-Jährige erinnert sich an „schöne Jahre“, die sie als Direktrice in einer großen Modefirma gearbeitet hat. Mit der Eheschließung beendete sie ihren Beruf. „Das war früher so“, erzählt sie, „aber meine Sachen habe ich immer selbst genäht“.

Danksagung

Werner Kranich, Schreinermeister und seit etwa 30 Jahren als Mitglied des Meisterprüfungsausschusses im Tischlerhandwerk aktiv, dankte im Namen seiner „Kollegen“ der HwK Koblenz für die sie „alle beeindruckende Ehrung“. „Wir sind dankbar, dass wir nicht vergessen werden“, sagte er. Kranich appellierte an die Politiker, „den Meisterbrief zu achten und Wert zu schätzen“. „Das ist für unsere Jugend sehr wichtig“, betonte er. Er erinnerte an den Tag seiner Meisterprüfung, der gleichzeitig der Tag seiner standesamtlichen Trauung war. „Der Trauungstermin stand lange fest, der Prüftermin fiel später zufällig auf diesen Tag. Ich habe zwei Stunden frei bekommen, bin zu meiner Trauung und wieder zurück zur Prüfung gefahren. Flexibilität wird bei uns halt immer groß geschrieben“, erinnert er sich schmunzelnd.