Handwerk Special Nr. 219 vom 05.05.2018

Nachgefragt bei Kurt Krautscheid Konjunkturdaten und Ausbildungs- zahlen im Hand- werk stimmen opti- mistisch. Doch die Herausforderung Nachwuchsgewin- nung bleibt – dafür stehen auch 15.000 Ausbildungsplätze, die 2017bundesweit unbesetzt blieben. Im Interview geht KurtKrautscheidauf die Situation im re- gionalen Handwerk ein – auch vor dem Hintergrund,wie die gute Auftragslage verstärkt das Inte- resse Jugendlicher auf das Handwerk lenken kann. Herr Krautscheid, der aktuelle Konjunkturbericht weist Spitzenwerte aus. Wie erklären Sie die Zahlen? Was uns besonders freut: Gute Nachrichten kommen aus fast allen Gewerken des Handwerks. Der Bau- und Ausbaubereich boomt nach wie vor, aber auch die Nahrungsmittelhandwerke, die Betriebe personenbezogener Dienstleistungen oder des Ge- sundheitsgewerbesmeldeneinendeutlichenAufwärtstrend. Sehen wir den gesamtenKammerbezirk, beschreiben 85 bis 100 Prozent der befragten Unternehmen in den einzelnen Regionen ihre Wirt- schaftslage als gut oder befriedigend. Die gute Wirtschaftslage steht also auf einem breiten, stabilen Fundament. Gibt es auch Aussagen zur künftigen Entwicklung? Die Auftragssituation im Handwerk bleibt gut. Die Zahl der Betriebe, die mit steigenden Auftragseingängen und Umsätzen rechnen, liegt auf hohem Niveau relativ konstant, Tendenz sogar leicht steigend. 97 Prozent unserer Handwerksbetriebe erwarten auch für die nächsten Monaten eine gute und zufriedenstellende Geschäftslage. Das sind Rekordwerte. Bleibt die Herkulesaufgabe der Nachwuchsgewinnung. Sollten die Wirtschaftsdaten Jugendliche nicht zusätzlich motivieren, ins Handwerk zu gehen? Das Handwerk – im Kammerbezirk wie auch bundesweit – freut sich über ein deutliches Plus bei den Ausbildungszahlen. Wir machen uns seit Jahren stark, Jugendliche zu gewinnen und die jüngsten Zahlen weisen gerade für Rheinland-Pfalz eine gute Ent- wicklung bei den neu abgeschlossenen Lehrverträgen aus. Unsere Anstrengungen tragen also Früchte und wir werden weiter für das Handwerkwerben.Die aktuelleWirtschaftslage ist einzusätzliches Motiv, aber sicher nicht das einzige ...wennauch sehr überzeugend. Immer wieder wird das Image des Handwerks als Hürde für Jugendliche auf dem Weg in Ausbildung beschrieben. Wie lässt sich das abbauen? Das Ansehen des Handwerks hat sich bereits deutlich verbessert, ist aber noch lange nicht da, wo es aus unserer Sicht hingehört. Ich denke auch, dass die aktuelle Lage zusätzlich deutlich macht, wie hoch angesehen inzwischen gut ausgebildete Handwerker sind, die ordentlicheArbeit leisten.Wenn nun die Frage diskutiert wird, warum es so schwer ist, einen guten Handwerker zu bekommen, sollten sich alle fragen: Woran liegt das? Was ist die Ursache? Leider wird der Weg ins Handwerk – gerade durch Eltern für ihre Kinder – noch zu oft als Unfall bewertet oder als Abstieg. Wenn es aktuell einfacher ist, einen Anwalt zu finden als einen Fachhandwerker, spricht das Bände und sollte Anlass sein für ein Umdenken. Das findet bereits statt – erfreulicherweise! HwK-Präsident Kurt Krautscheid. Foto: Fotostudio Reuther Kraftvolle Konjunktur Die neueste Konjunkturumfrage der Handwerkskammer (HwK) Koblenz zeigt deutlich, dass sich das Handwerk im nördlichen Rheinland- Pfalz weiter auf Wachstumskurs befindet. Die Angaben zur Betriebsauslastung und zum Auftragsbe- stand sind im ersten Quartal 2018 nochmals gestiegen. Ergebnisse der Frühjahrsumfrage 2018 der HwK Koblenz Gute Zahlen vom Handwerk / Interview mit Präsident Krautscheid Nr. 219 5. Mai 2018 www.handwerk-special.de 3 Im Kammerbezirk Koblenz wurden2.800Betriebeausunter- schiedlichen Gewerken befragt. Davon schätzen aktuell 92 Pro- zent (Vorjahreswerte in Klam- mern: 91 %) ihre Geschäftslage als gut und befriedigend ein. Für die nächsten drei Monate gehen sogar 97 Prozent (94%) von einer zufriedenstellenden Geschäftslage aus. Bei der Kapazitätsauslastung geben im Frühjahr 2018 77 Prozent (67 %) der Handwerksbetriebe im KammerbezirkKoblenzan,min- destens zu70Prozent ausgelastet zu sein. 87 Prozent (81 %) der Befragten geben einen höheren oderkonstantenAuftragsbestand an. Der Auftragsvorlauf hat sich im nördlichen Rheinland-Pfalz mit 12,4Wochen (10,0Wochen) nochmals erhöht. „Das Handwerk ist gut ins Jahr 2018 gestartet. Die konjunk- turelle Entwicklung bleibt auf Wachstumskurs und die Hand- werker zeigen eine deutliche Zufriedenheit“, kommentieren HwK-Präsident Kurt Kraut- scheidundHauptgeschäftsführer Alexander Baden die neueste Umfrage. Jedoch darf dies nicht über die enormen Herausforde- rungen, die sich dem Handwerk stellen, hinwegtäuschen. Das Handwerk muss auf die sich verändernden Kundenwünsche reagieren. Die Kammerspitze macht auch klar, dass der Preis- druck durch steigendeEinkaufs- preise weiter zunimmt. „Um zukünftig wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen die Hand- werksbetriebe die Umsetzung derDigitalisierungvorantreiben. Dies erfordert Investitionen in Hardware, Software und in die Weiterbildung der Mitarbei- ter“, so die HwK-Spitze. Die Handwerkskammer unterstützt ihreMitgliedsbetriebe dabei mit unterschiedlichen Leistungen in Beratung und Informations- austausch. Bei den Bauhandwerken wie Maurer und Betonbauer, Zim- merer,Dachdecker, Straßenbau- er unddenBetriebenderAusbau- handwerke wie Tischler, Maler, InstallateureundHeizungsbauer, Foto:Maria Schmid/©Maria Schmid Elektrotechniker oder Fliesenle- germelden93Prozent (93%und 94 %) eine gute oder zufrieden- stellendeGeschäftslage.Vonden Betrieben für den gewerblichen Bedarf wie Feinwerkmechani- ker, Metallbauer oder Elektro- maschinenbauer beurteilen 91 Prozent (79%) der Betriebe ihre Geschäftslage als positiv. Die Nahrungsmittelhandwerke (88 %) melden eine gute oder auch befriedigende Geschäfts- lage. Von den Betrieben perso- nenbezogener Dienstleistungen wie Friseure, Fotografen oder Schneider sagen 92 Prozent (90 %), dass sie mit ihrer Geschäfts- lage zufrieden sind. Der komplette Konjunkturbe- richt ist online gestellt: hwk- koblenz.de Handwerk verzeichnet deutliches Plus bei neuen Lehrverträgen Das Handwerk legt bun- desweit kräftig zu bei der Zahl neu abgeschlos- sener Ausbildungsver- hältnisse. Wie der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) informiert, ist die Zahl neuer Auszubildender im Handwerk 2017 zum drittenMal in Folge und zudem deutlich stärker als in den Vorjahren gestiegen. Bis Ende Dezember 2017 waren 139.880 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen worden. Im VergleichzumVorjahr verzeich- neten die Handwerkskammern damit 2.152 mehr neue einge- tragene Ausbildungsverträge, das entspricht einer Steigerung von 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das rheinland-pfälzi- sche Handwerk liegt dabei im VergleichallerBundesländer auf demfünftenPlatzmit einemPlus von 3,6 Prozent. Abgesehen von der Hansestadt Hamburg ist das die größte Steigerung unter allen westlichen Bun- desländern. InBetriebenderHwKKoblenz wurden zum Jahresende 2017 3.170 neue Ausbildungsver- hältnisse registriert – 63 mehr als imVorjahr. Insgesamt wer- den imKammerbezirkKoblenz 8.235 Jugendliche ausgebildet. Die Bereiche Bau- und Ausbau sind die Säulen der robusten Konjunktur im Handwerk.

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