Handwerk im Sommer vom 30. Juni 2000 - page 1

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Sie begehen eiskalte Taten, die als Wohltaten bejubelt,
bestaunt und begehrt werden: Die Konditoren. Tatort:
Konditoreien und Cafés. Tathergang: beschrieben in die-
ser Ausgabe ab Seite 5.
Nicht nur leckere Torten und Teilchen entstehen in den
fast 100 bei der HwK Koblenz eingetragenen Konditorei-
en, auch Eis gehört zum sommerlichen Angebot. Unge-
fähr 20 verschiedene Sorten werden frisch in den Hand-
werksunternehmen der Innung hergestellt, so Obermei-
ster Heinz Luy aus Koblenz. Dabei muß das Speiseeis
einige thermische Strapazen erleiden: Aus gesundheitli-
chen Gründen wird die Speiseeismischung abgekocht,
anschließend von 80 Grad plus auf acht Grad minus ein-
gefroren, bevor es bei 36 Grad Körpertemperatur seine
letzte Reise antritt.
Hot-Line mit freien Lehrstellen im Konditorenhandwerk:
Tel: 0261/398-331
nächster Meistervorbereitungskurs für Konditoren ab
März 2000. Info-Tel.: 0261/398-402
Tiefergelegt werden die Pferdestärken bei Karl Mall-
mann nicht, doch die Arbeit des Bopparder Hufschmieds
sorgt für Tempo und Gesundheit auf vier Pferdehufen.
Seit 150 Jahren beschlägt die Familie
Mallmann Hufe. In Stoßzeiten standen „Herr und
Gescherr“ Schlange vor der Dorfschmiede, in den sech-
ziger Jahren erloschen viele Feuer in den Hufschmieden.
Pferdestärken unterm Blechkleid waren in den Jahren
des Wirtschaftswunders beliebter. Heute ist die Arbeit
des Hufschmieds wieder gefragt, denn Pferde sind für
Frei-
zeit und Sport IN.
Hufschmied oder Stellmacher gesucht?
Adressen in dieser Ausgabe auf Seite 7.
Fax:
0261/398-398
e-mail:
Internet:
Unsere Augen sind eines der wichtigsten Sinnesorgane.
Doch Sehen allein reicht nicht. Erkennen und der klare
Durchblick sind gefragt. Dabei ist die Brille längst nicht
nur Notwendigkeit, sondern auch Trend.
Bodyguards müssen eine Sonnen-
brille tragen, Studenten
lieben wir mit kleiner
Nic kel-
brille. Die
Brille:
sie hilft beim
Sehen und auch
Gesehenwerden.
Im Augenoptikerhandwerk eine
Lehre beginnen? Lehrstellen unter Tel: 0261/398-331.
Neue Trends für den klaren Durchblick bietet das
Optikerhandwerk - ab Seite 6.
Wenn der 24jährige auf Uropas Stra-
ßen einbiegt, mit dem Horch-Cabrio
Baujahr 1938, dann gibt Michael
Müller richtig Gas. Dann rauscht der
junge Kfz-Mechaniker mit Ur-Opas
„Oldie“ durch die Automobilge-
schichte, die über die Regi-
on hinaus mit dem Namen
August Horch verbunden
ist. Michael Müller ist sein
Ur-Enkel.
Der Ur-Opa muß schon ein „besonderer“ Mensch gewesen sein. Hühner hat
er gezüchtet in Winningen an der Mosel. Und wollte die frisch gelegten Eier
mit einer Eierbahn in luftiger Höhe über den Fluß auf die andere Seite in den
Hunsrück „verschicken“. Damit hätte man immerhin den Umweg auf der
Straße über Koblenz vermieden und die Autofahrt gespart. Die Reise mit
eben jenem Fortbewegungsmittel, das August Horch später zu weltweiter
Berühmtheit verhalf, das heute noch beruflicher Inhalt seiner Nachfahren
ist, denn die betreiben in Winningen eine Kfz-Werkstatt.
Michael Müller - der einzige Ur-Enkel des großen Auto-
bauers - ist wie sein berühmter Ur-Opa auf der beruflichen
Überholspur. In sieben Jahren hat er zwei Handwerkslehren
abgeschlossen, war bei der Bundeswehr und steht bei der HwK
Koblenz unmittelbar vor der Meisterprüfung.
Dann wird der junge Handwerker nicht nur auf der Straße
Gas geben, auch im Familienunternehmen soll er den Platz
am Steuer einnehmen und den vom Vater 1981 gegründeten
Betrieb weiterführen. Ein Stück Verantwortung, das er in
ähnlicher Form als letzter Horch-Nachfahre ungewollt in die
Wiege gelegt bekommen hat. „Früher habe ich mir um die
Familiengeschichte keine Gedanken gemacht. Doch wer an
einem Treffen des Horch-Clubs teilgenommen hat, wer Menschen aus allen Ecken dieser Erde mit den Wagen
vom Ur-Opa kennenlernt, die sich mit Leib und Seele für die Bewahrung des Andenkens des Vaters ihrer Wagen
einsetzen, der entwickelt ein neues Bewußtsein.“ Und dann ist er plötzlich der Ur-Enkel für Menschen, denen er
in seinem Leben zum ersten Mal gegenübersteht.
Heimreise
Erst seit wenigen Jahren hat ein Horch wieder seine Heimat in Winningen. August Horchs Enkelin und deren
Ehemann - die Eltern von Michael Müller - kauften das Ausstellungsstück einem Stockholmer Museum ab. Die
Heimreise begann nach über 50 Jahren, davon 30 Jahre im schwedischen Museum. Probleme für das rüstige Gefährt der Nobelmarke Horch
gab es nicht. „Die Motorentechnik war sehr gut. Die Kurbelwelle wurde beispielsweise nach dem Guß jahrelang bei Wind und Wetter
unter freiem Himmel gelagert, um die Spannungen abzubauen. Nach dem Entfernen des Rostes von Hand wurde die Welle nachbearbeitet
und eingebaut - so ist sie quasi unverwüstlich.“ Weltweit, so schätzt der Horch-Club, rollen noch etwa 300 Fahrzeuge der Marke, die nach
dem Krieg in der sowjetischen Besatzungszone weitergebaut wurde. Im sächsischen Zwickau entstanden noch bis in die sechziger Jahre
hinein Geländewagen für die ostdeutsche und russische „Volksarmee“, die mit dem Symbol August Horchs am Kühler einen harten Kampf
zur Verteidigung sozialistischer Ziele und mit holprigen DDR-Straßen führten. In den gleichen Hallen, die bis 1939 edle Bleche und feine
automobile Zutaten für einen echten Horch sahen, ging später das erste Automobil in Duoplastbauweise vom Band: Der Trabant.
Neben den „normalen“ Autos finden sich in der Winninger Werk-
statt immer wieder Oldtimer ein - Tradition
verpflichtet. Zur Leidenschaft des ange-
hendenKfz-Meisters zählen auch die
Restauration und das Sammeln
alterAutomobile.Daßderjun-
ge Handwerker so
imMinutentakt
durch das
Innenle-
ben der
A u -
t omo -
b i l g e -
schichte
reist, daran
hat er sich noch
immer nicht gewöhnen
können. Eben noch den Kopf un-
ter einer vierzig Jahre alten SL-Motorhaube
mit viel Übersicht im Motorraum, im nächsten Augenblick die
vollgestopfte High-Tech Einheit heutiger Antriebsaggregate. Da
wird einiges auf die Erben der ersten Autobauer zukommen ...
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