Handwerk Special Nr. 69 vom 18. August 1999 - page 5

Top-Thema Lehre:
Das Handwerk ist Ausbilder Nr. 1 - Ehrenamtliches Engagement für den Nachwuchs.
Ausbildungsberater kümmern sich um Lehrlinge
Die neun Ausbildungsberater der HwK Koblenz sehen ein wichtiges Anliegen darin,
bestehende Lehrverhältnisse zu erhalten. „Unser Ziel ist immer, Gespräche zu führen
und zu vermitteln. Wenn die Gefühlsebene, das Zwischenmenschliche zwischen
Lehrling undLehrherrn nicht stimmt, ist es für beide Seiten sehr kompliziert, die Lehre
erfolgreich zu beenden. Manchmal ist es aber auch erforderlich, den Lehrling
umzusetzen. Wir helfen ihm dann bei der Suche nach einer neuen Lehrstelle“, schätzt
Karl-Heinz Kring ein. „Scheint ein Problem gelöst, ist es für den Ausbildungsberater
erforderlich, am Ball zu bleiben. Wurde die Hilfestellung angenommen? Wie wurde
sie umgesetzt?“, ergänzt JosephGans. In letzter Zeit häufen sich bei denAusbildungs-
beratern Nachfragen von Betrieben, die zum ersten Mal ausbilden. „Es geht dabei um
Ausbildungsvergütung, Probezeit und Urlaubsregelung, Lehrzeitverkürzung oder -
verlängerung bei Nichtbestehen von Prüfungen“, weiß Jürgen Leis.
Jutta Kraeber
Lehrlingswartin der
Informationstechniker-In-
nung Mittelrhein:
„DieRadio- undFernsehtechnik
ist heute nur noch ein Aspekt
unserer Tätigkeit. In den letzten
Jahren sind verstärkt Telekom-
munikations- und Computer-
technik hinzugekommen; dem tragen wir mit der Verände-
rung der Berufsbezeichnung Rechnung und nennen uns
jetzt Informationstechniker. Unser Beruf ist vielfältiger
und zukunftsträchtiger geworden. Das heißt natürlich auch,
daß die Anforderungen steigen, an die Auszubildenden
genauso wie an die Ausbilder. Die Meister müssen sich
verstärkt um Fortbildung bemühen, um als Ausbilder auf
dem Laufenden zu sein. Das Interesse an unserem Beruf
wird wieder steigen, wenn wir dafür sorgen, daß sich
Schulabgänger bewerben, die mit den nötigen Leistungen
aufwarten können. Das Niveau ist in den vergangenen
Jahren stark gesunken, selbst Grundkenntnisse in Mathe-
matik oder Deutsch waren nur mangelhaft vorhanden.
Bäckermeister Wilfried Hoefer:
„Ich bilde aus, weil ich mir meine Mitarbeiter für die Zukunft
selbst heranbilden möchte. Es ist schön, die Lehrlinge heran-
wachsen zu sehen. Von unseren 100 Lehrlingen aus den vergan-
genen 20 Jahren sind über 30 in unseren Filialen beschäftigt.
Einige sind inzwischen Mutter geworden und helfen halbtags
imVerkauf.“ Derzeit werden in der Bäckerei Hoefer 13 Lehrlin-
ge (drei Bäcker, neun Bäckereifachverkäuferinnen, ein Büro-
kaufmann) ausgebildet. Sieben von ihnen sind im ersten Lehr-
jahr. „Schlüsselqualifikationen wie Pünktlichkeit, Zuverlässig-
keit und freundliches Auftreten werden bei uns groß geschrie-
ben. Prozentrechnung sollte die Lehrlinge nicht vor unlösbare
Aufgaben stellen. Darauf weise ich die jungen Bewerber bereits
imVorstellungsgespräch hin. Ich biete ihnen Schnuppertage an,
so daß sie ihre Eignung für den Beruf selbst testen können“, so
Wilfried Hoefer (hintere Reihe, 2.v.l.).
„Ich lerne diesen Beruf ...
... weil ich vom Verkaufen schwärme. Der Umgang mit
Menschen gefällt mir. Ich berate sie gern.“
Georgina Alken
(15), Bäckereifachverkäuferin, 1. Lehrjahr
... weil ich Frühaufsteher bin. Morgens in der Backstube
stehen, wenn andere noch schlafen, macht mir nichts aus.
Dafür habe ich früh Feierabend. Dann hat man noch etwas vom
Tag. Der Bäckerberuf kommt mir mit den Arbeitszeiten sehr
entgegen.“
Martin Edel (17), Bäcker, 1. Lehrjahr
... weil das mein Traumberuf ist. Er hält viele Möglichkeiten
offen. 63 Bewerbungen habe ich vergeblich geschrieben. Ich
bin wirklich froh, daß es doch noch geklappt hat.“
Manuel
Wegert (18), Bürokaufmann, 2. Lehrjahr
Augenoptikermeister Frank Natschke,
Geschäftsführer Brillen Becker
„Ich bilde aus, weil eine Firma sich nur weiter entwickeln kann, wenn
sie sich auchMitarbeiter heranzieht. Wer selbst ausbildet, weiß, was der
Mitarbeiter kann. Das betrifft auch menschliche Qualitäten; Team-
fähigkeit und Engagement sind dabei wichtige Kriterien.“ Seit 1992 hat
Brillen Becker neun Augenoptiker ausgebildet. „Wir bilden immer zwei
Lehrlinge aus und übernehmen den besseren. Das wissen die jungen
Leute von Anfang an. Es ist Ansprorn für sie“, so Natschke.
„Ich lerne diesen Beruf, weil ich handwerklich und kreativ arbeiten
möchte. Während eines Praktikums habe ich in der Werkstatt eines
Augenoptikers geschnuppert. Ich wußte gleich: Das wird mein zukünf-
tiger Beruf.“
Martina Müller (19), Augenoptikerin im ersten Lehrjahr
Jakob Ockenfeld,
Lehrlingswart der Elek-
tro-Innung Ahrweiler:
„Womit ich als Lehrlings-
wart am häufigsten kon-
frontiert bin, sind Diffe-
renzen zwischenMeistern
und Lehrlingen. Deshalb
haben wir bei unserer
Kreishandwerkerschaft
einen dreiköpfigen Aus-
schuß für Streitfälle. Die
Auszubildenden kommen
trotz aller Informationmit
falschen Vorstellungen.
EinElektroinstallateur ar-
beitet nicht im Sonntags-
anzug,Altbausanierungen
können eine schwere und
schmutzige Arbeit sein.
Ambestenwäre, wenn ein
Schüler vor der Bewer-
bungeinPraktikummach-
te, damit er einen Einblick
in die Arbeit bekommt.
Mit einer Fünf in Mathe-
matik und Physik macht
eine Ausbildung als Elek-
troinstallateur natürlich
wenig Sinn.“
Dipl.-Ing., -Wirtsch.-Ing. Harald Richter,
Mitinhaber und Geschäftsführer Arthur Richter Söhne
„Ich bilde aus, weil es zu wenig qualifizierte Facharbeiter auf
dem Markt gibt. Außerdem bieten wir jungen Leuten eine
Lebenschance. Eine solide handwerkliche Ausbildung ist
eine sichere Grundlage für den beruflichen Werdegang.“
35 Jugendliche werden derzeit im Un-
ternehmen, das in diesen Tagen sein
95-jähriges Bestehen feierte, ausgebil-
det. 20 möchten Zentralheizungs- und
Lüftungsbauer, drei Elektriker und vier Bürokauffrau werden.
Acht lernen Technischer Zeichner. 13 der 35 haben in diesem Jahr
ihre Ausbildung begonnen. „Unsere Lehrlinge lernen auf unseren
Baustellen zwischenWuppertal und Frankfurt, zwischen Trier und
Kassel. Siewerden aber auch inder eigenenBlechkanalfabrikation,
in der Stahlschlosserei und im Lager eingesetzt. Auch Wartungs-
und Servicearbeiten sowie Schulungen zur Arbeitssicherheit ste-
hen für die jungen Leute auf der Tagesordnung“, erklärt Richter.
Informationen
& Rat
bei den
HwK-Ausbildungs-
beratern,
Tel.: 0261/398-323,
Fax: -989, e-mail:
1,2,3,4 6,7,8,9,10,11,12,13,14,15,...32
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