Handwerk Special Nr. 69 vom 18. August 1999 - page 8

Zukunftsperspektiven
Solarstrom erobert Steckdosen / Handwerk als Partner gesucht / Fördergelder
Er ist gewaltig, der „Stromerzeuger“ des Andernacher Handwerks-
unternehmens: Zentraltemperatur 15 Mio. Grad C, Kernfusionen
zwischen Wasserstoff und Helium in einem gewaltigen Ausmaß,
Gewicht der „Anlage“ rund 330 000 mal schwerer als die Erde. Nur
gut, daß die Quelle dieser Energie fast 150 Mio. Kilomter von Ander-
nach und dem Rest der Welt entfernt ist. Die Sonne. Viva Solar zapft
sie an und versorgt sich - und seine Kunden - autark mit Strom.
„Anders als bei der Brauchwas-
sererwärmung, die mittlerweile
durchaus ökonomisch interes-
sant ist, entscheidet sich einer
für die kostenintensivere Photo-
voltaik heute immer noch vor
allem unter ökologischen Ge-
sichtspunkten,“ erklärt Schmitz-
Rech. Deshalb gebe es, trotz
spürbar gewachsenen Interesses,
hier auch bisher nicht die Zu-
wachsraten wie bei Kollektor-
anlagen. „Die werden in späte-
stens zehn Jahren bei Neubauten
genauso zur Grundausstattung
gehören wie das Badezimmer“.
Um der Nachfrage nach Photo-
voltaik-Anlagen auf die Sprün-
Viva Solar kritisiert das Einspeisegesetz: Die
Stromversorger als Abnehmer bezahlen nur
1/10 des Entstehungspreises.
Ihr eigenes, in konsequent ver-
folgter Niedrigenergie-Bauwei-
se errichtetes, außen wie innen
durch viel Holz und großzügige
Glasflächen auffallendes Fir-
mengebäude ist ein Musterbei-
spiel dafür, was man mit der
Kraft der Sonne alles machen,
wie man mit ihr Energie sparen
und die Umwelt schonen kann.
Gleichgültig, ob geheizt, eine
Maschineangetrieben,einLicht-
schalter betätigt oder ein Com-
puter in Gang gesetzt wird: der
Strom dafür kommt bei Viva
Solar Energietechnik in Ander-
nach nicht aus demNetz (zu dem
es keine Verbindung gibt!), son-
dern zu einem erheblichen Teil
von der Sonne. Eine thermische
Solaranlage mit 35 Quadratme-
tern Kollektor- und eine Photo-
voltaik-Anlage mit 50 Quadrat-
metern Modulfläche und 5,09
Kw (peak) installierter Leistung
machen’s möglich.
Autark in Sachen Energie
„In puncto Energie sind wir
Selbstversorger,“ somit berech-
tigtemStolz JockSchmitz-Rech,
einer der drei Geschäftsführer
des auch inNorddeutschland be-
heimateten, auf die Herstellung,
Installation und Wartung von
Sonnenkollektoren bzw. auf
Photovoltaik-Anlagen speziali-
sierten Unternehmens. Der da-
für erforderliche Aufwand, ge-
steht er, sei noch für einen Pri-
vathaushalt zu hoch. Notwendig
dafür sind nicht allein die Anla-
gen auf demDach, sondern auch
für die Sicherung der Stromver-
sorgung notwendigen Speicher-
einheiten. In diesem Fall ein
Batteriespeicher, der aus mehr
als 100 Zellen besteht. Reicht
die Sonnenenergie nicht aus,
greift ein Blockheizkraftwerk,
das mit Rapsöl läuft, in die
Stromversorgung ein. Der nöti-
ge 10.000-Liter-Tank glänzt
durch stattliche Ausmaße.
Förderung für Solarstrom
ge zu helfen, seien vor allem
Änderungen bzw. eine konse-
quente Anwendung des Strom-
einspeisungsgesetzes notwen-
dig, insbesondere im Hinblick
auf eine kostendeckende Vergü-
tung für Solarstrom. „Solange
man für den Strom, den die An-
lage erzeugt und den man nicht
selber braucht und deshalb ins
Netzeinspeist, proKilowattstun-
de gewöhnlich nur ein knappes
Zehntel der Entstehungskosten,
nämlich 16 oder 17 Pfennig,
verrechnet bekommt, rentiert
sich eine solche Anlage nicht,”
bedauert Jock Schmitz-Rech.
100.000-Sonnendächer
Damit die Entwicklung „pro So-
larenergie“ nicht stehenbleibt,
hat die Bundesregierung das
100.000 Dächer-Solarstrom-
Programmaufgelegt. Es soll den
Kohlendioxid-Ausstoßminimie-
ren und zielt durch langfristige
Finanzierung von Investitionen
auf die forcierte Errichtung von
Photovoltaik-Anlagen ab.
Was Photovoltaik kostet
EinePhotovoltaik-Anlagefürein
Einfamilienhauskommtmitneun
bis zehn Quadratmetern Modul-
fläche aus. Die Module werden
mit einem Ständergestell aufs
Dach oder an die Hauswand
montiert bzw. können auch als
Abschattung eingesetzt werden;
bis zu 60 Prozent Abweichung
von der Südausrichtung sind
noch wirtschaftlich. Bei einer
installierten Leistung von etwas
mehr als 1 kWpeak kann eine
solche Anlage ca. 50 Prozent
des Strombedarfs des Haushalts
decken. „Wesentlich mehr zu
produzieren, ist ohnegroßeSpei-
cher nicht sinnvoll.“ Der Preis
für eine entsprechende Anlage:
rund 14 000 Mark, dazu kom-
men, je nach erforderlichem
Aufwand, 1500 bis 2000 Mark
Installationskosten.
Arbeit dank Solartechnik
Last, but not least demonstriert
Viva Solar, daß sich mit Solar-
technik auch neue Arbeitsplätze
schaffen lassen. Seit Mai dieses
Jahres arbeitet die Firma mit der
Perspektive gGmbH, gegründet
von den beiden Verbandsge-
meinden Weißenthurm, Pellenz
und der Stadt Andernach, zu-
sammen und bildet, in Koopera-
tion mit der Andernacher VHS,
zuständig für die Theorie, im
RahmendiesesProjektsArbeits-
lose innerhalb eines Jahres zu
„Solartherme-Fachgehilfen“ aus.
Solare Sammelstation in Ander-
nach: Das Metallbau- sowie
Installateur- und Heizungsbauer-
unternehmen Viva Solar hat sich auf die Herstellung,
Installation und Wartung von Photovoltaik- und Kollektor-
anlagen spezialisiert - auch auf dem eigenen Firmendach.
Begrenzte, fossile Brennstoffe, ein weiteres Ansteigen der Weltbe-
völkerung und eine damit verbundene stärkere Energienachfrage
wie auch die Minderung des CO
2
-Ausstoßes - so nennt der Mineral-
ölkonzern Shell seine Gründe, in die Solarenergiegewinnung einzu-
steigen.DieZieledes„Energielieferanten“sindehrgeizig:InDeutsch-
land will man Marktführer werden, weltweit zu den Top 3 gehören.
Vier bundesweite Zentren sollen Schulung, Marketing und Lage-
rung vor Ort realisieren. BeimAufbau der lokalen Vertriebsstruktur
setzt Shell auf das Handwerk. Dachdecker, Installateure aus dem
Elektro- und Sänitärhandwerk werden als Partner gesucht. In Schu-
lungen soll ein gemeinsames Vorgehen - von der Werbung über
fachliche Erläuterung der Anlagen bis zur Kostenkalkulation - mit
den Handwerkern umgesetzt werden. Anschließend übernehmen
die Handwerksunternehmen als „Shell Solar Partner“ Installation
und Wartung der Anlagen vor Ort.
Informationen gibt das Znetrum für Umwelt und Arbeitssicherheit
Wo gibt es
Fördergelder?
Die Installation von Photovol-
taikanlagen wird staatlich durch
das 100.000Dächer-Solarstrom-
programm gefördert - sowohl
beider„Erstausrüstung“wieauch
bei Nachrüstung bestehender
Bauten. Gefördert werdenAnla-
gen ab einer Spitzenleistung von
ca. 1 Kwpeak. Das Geld - die
Kredithöhe orientiert sich auch
u. a. an dem für eingespeisten
Strom gezahlten Betrag - gibt’s
zum festen Zinssatz; die maxi-
male Laufzeit beträgt 10 Jahre
mit bis zu zwei tilgungsfreien
Anlaufjahren. Anträge für das
vonderKreditanstaltfürWieder-
aufbau gewährte Darlehen sind
über die Hausbank zu stellen.
Info-Telefon bei der HwK-Um-
weltberatung: 0261/398-650.
Im Herbst star-
tet Lehrgang
Ab dem 22. September startet
im Zentrum für Umwelt und
Arbeitssicherheit der HwK ein
ganzneuer,demTrendzurSolar-
technik Rechnung tragender
Kurs. Sein Inhalt: Photovoltaik
für Elektriker. In 20 Lern-
einheiten geht es an zwei aufein-
anderfolgenden Wochenenden
umTheorieundPraxis,beispiels-
weise um die allgemeinen
Grundlagen der Photovoltaik,
umAufbau, Funktion und Arten
von Solarzellen, um Vor- und
Nachteile der Photovoltaik, um
Baurecht und Fördermittel und
umdie technischen Details bzw.
die Planung und Montage von
Photovoltaik-Anlagen. Nähere
Informationen gibts unter der
Tel. Nr. 0261/398-653.
1,2,3,4,5,6,7 9,10,11,12,13,14,15,16,17,18,...32
Powered by FlippingBook