Handwerk Special Nr. 72 vom 3. Januar 2000 - 100 Jahre Handwerkskammer Koblenz - page 8

Meister ihres Faches: Das
Bauunternehmen Johann
Augel wurde inzwischen
auch für das Steinmetz- und
Steinbildhauer-Handwerk
eingetragen. Die Planung für
die Arbeit an tausenden von
Steinen liegt in der Hand von
Bauingenieur Burckhard Pfaff (r.).
Das Neuschwanstein vom
Rhein? Oder eine Sünde der
Geschichte, wie mancher Ar-
chitekt meinte?Ein imposantes
BauwerkwarSchlossDrachen-
burg bei Königswinter allemal -
und wird es wieder werden. Ei-
nen entscheidenden Beitrag
dazu leistet das Bauunterneh-
men Johann Augel aus Wei-
bern im Ahrkreis.
Drei Jahre nur - von 1881 bis
1884 - dauerte die Erbauungs-
zeit; jetzt werden in zehn Jah-
ren 53 Mio. Mark in die Sanie-
rung investiert, bis 2005 der
„Drache“ in seinem neuen Ge-
wand erstrahlt. „Manchmal ha-
ben unsere Arbeiten etwas
von Disneyland“, schmunzelt
Burckhard Pfaff, Projektleiter
bei Augel, wenn er an den ma-
lerisch gelegenen Arbeitsplatz
hoch über dem Rhein denkt.
In alleine fünf Bauabschnitten
geht es an die Sanierung der
Terrassenstützmauer:insgesamt
240 m lang, bis 7 m hoch und
2,20 m breit, die seit einigen
Jahren bereits einsturz- und ab-
rutschgefährdetwar.DieAugels
tragen die alte Mauer ab, wobei
jeder Stein eine Nummer er-
hält, setzen und verankern eine
Betonstützwandundverkleiden
sie dann wieder mit
Na t u r s t e i n e n .
Einige
der alten Steine können sie wie-
der verwenden;mehrere hundert
„Findlinge“ aus demPark konn-
ten über ihre Steinmetzzeichen
ihrem Originalplatz wieder zu-
geordnetwerden.Mehr als 5.000
Steine werden millimeterge-
nau nachgebildet: mit Trachyt-
steinen ausWeidenhahn imWe-
sterwald.
Eintrag als Steinmetzbetrieb
Für diese Arbeiten stellte der
Bauunternehmer Steinmetz-
meister Roland Fronert als tech-
nischen Betriebsleiter ein und
erweiterte den Eintrag in der
Handwerksrolle um das Stein-
metz- undSteinbildhauer-Hand-
werk. „Bis zu 15 Mitarbeiter
haben wir an der Drachenburg
ständig im Einsatz“, erläutert
Pfaff; „hinzu kommen Nach-
unternehmer,dieSpezialarbeiten
wieBetonabdichtungund -rück-
verankerung für uns ausführen“.
Inzwischen sind auch in einem
weiteren Bauabschnitt die Fort-
schritteerkennbar:Sanierungdes
Nordturms. Hiermussten die 7,5
m hohe Spitze und damit alleine
100 Tonnen Steine abgetragen
werden; auch hier wird das Ver-
blendmauerwerk entfernt, num-
meriert, wo möglich wiederver-
wendet oder sonst ergänzt - ganz
nach den Plänen, die aus ‘foto-
grammetrischen Aufnahmen’
erstellt wurden. Die Dokumen-
tation des gesamten Auftrags
füllt inzwischen einige Meter
Akten.
Warum dieser große Aufwand?
Schloss Drachenburg erscheint
als touristische Attraktion im
Bonner Umland und als archi-
tektonisches Zeugnis der Grün-
derzeit für sich erhaltenswert.
Darüber hinaus soll es durch den
heutigen Eigentümer, die Nord-
rhein-Westfalen-Stiftung, eine
einzigartige Nutzung erfahren,
wenn in der Vorburg „Ar-
chiv, Forum und Muse-
umzurGeschichtedes
Naturschutzes in
Deutschland“ ein-
gerichtet sein
werden. Beides:
Tourismus und
Nutzungskon-
zept, stehen im
Kontext des Bonn-Berlin-Aus-
gleiches, über den ein Teil der
Investitionen finanziert wird.
Bonn-Berlin-Ausgleich
„WirprofitierenbeidiesemAuf-
trag vom Regierungsumzug“,
erläutert Diplom-Wirtschafts-
ingenieur Rolf Scharmann, Ge-
schäftsführer des Bauunterneh-
mens Augel. Andererseits hat
er Rahmenverträge für Arbei-
ten im Bonner Regierungsvier-
tel eingebüßt: „Wir haben kei-
nen Grund zum Klagen. Als
Unternehmer mussten wir et-
was unternehmen, wir haben
frühzeitig begonnen, uns um-
zuorientieren.“Deshalb sieht er
keine Nachteile für seinen Be-
trieb mit 85 gewerblichen und
15 kaufmännischen Mitarbei-
tern.DieLeistungspalette reicht
von Naturstein-, Erd- und
Entwässerungsarbeiten bis zu
Beton-, Hallen- und Industrie-
bau. Die Vielfalt anspruchsvol-
ler Aufgaben bis zum Bereich
Denkmalschutz, denen sich die
Augels stellen, verspricht auch
weiterhin Erfolg
in der Bau-
branche.
Tausende von Steinen waren jahrelang abgestützt.
Mit Beginn der Sanierungsarbeiten wurden die
Terassenstützmauernabgetragen,Betonwändehoch-
gezogen und wieder mit Natursteinen verblendet.
Jede Zunft muss
einen festgelegten Teil
der Stadtmauer
schützen. 1688
verteidigen Koblenzer
Metzger den ihren so
hervorragend, dass
ihnen der Kurfürst
dafür u. a. das Recht
einräumt, an jedem
Aschermittwoch einen
Umzug zu veranstal-
ten, bei dem Becher
und Zunftfahne eine
große Rolle spielen.
14.1
17. Jahrhundert - Zünfte bei der Stadtverteidigung
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