Handwerk Special Nr. 246 vom 19.04.2024

Ein Jahr, 20 Salons: Mit Schere auf der Walz Der unbändige Wunsch, möglichst viele Erfahrungen zu sammeln, treibt Lea-Davida Daum an. Schon immer, so scheint es, wenn man ihr zuhört. Die Friseurin hat in einem Jahr 20 Praktika in Deutschland sowie im europäischen Ausland gemacht. Mit ihrer selbstorganisierten „Walz“ nutzte sie die Zeit zwischen Gesellenprüfung und Meistervorbereitung auf unvergessliche Weise. Sie reiste von Salon zu Salon, um praktische, betriebswirtschaftliche und menschliche Eindrücke zu bekommen. Ihr Fazit: „Ich verstehe nicht, wieman so etwas nicht machen kann!“ Lea-Davida kommt ausHilgert imWesterwaldundwusste früh, dass sie ihren ganz eigenen Weg gehen will. Als Gymnasiastinmerkte sie, dass der gesellschaftliche Zugzwang „ohne Abi hat mankeineChance“ für sie „Quatsch“ ist. Sie wollte praktisch arbeiten, machte mehrere Praktika und lernte so Kita, Gastronomie, Floristin und Friseursalon kennen. „Beim zweiwöchigen Friseurpraktikum war plötzlich alles klar: Ich bin direkt geblieben, habe das Gymnasium verlassen und im August 2018 meine Ausbildung begonnen“, erzählt sie. Lea-Davida genoss ihredreijährigeAusbildung imFriseursalon „Haarmonie“ von Ingo Schmidt in Selters, absolvierte 2021 ihre Gesellenprüfung bei derHandwerkskammer (HwK)Koblenz als zweite Innungssiegerin. Doch damit nicht genug: Lea-Davida Daum wollte „auf die Walz“ gehen. Die Handwerkstradition der Zimmerer faszinierte sie. Nach einiger Recherche stand ihr Plan fest. Sie kündigte, um eine„abgespeckteDamenversionderWalz“ zu erleben. Ein Jahr war sie unterwegs. Ohne das Risiko des Trampens, mit festen Anlaufpunkten und viel Abwechslung. Ihr Antrieb: „Alltagstrott ist nichts für mich, auch nicht im Friseurhandwerk.“ Angst vor der eigenen Courage hatte sie nie. Man wachse an einem solchen Erlebnis. Als sie anfangs keine Zusagen auf klassische Bewerbungen bekam, ließ sie sich nicht beirren. „Etwas so Neuartiges ist in der Branche nicht normal.“ Sie startete eine Social-Media-Kampagne, schriebmedien- affine Salons via Instagram an und erhielt plötzlich viele Zusagen. Endlich konnte sie ihre Walz strukturieren. Zehn bis 14 Tage lang waren die 20 Praktika. Von München bis Hamburg, vom Westerwald bis an die Ostsee und im europäischen Ausland war sieunterwegs.DiePraktikawarendabei viel mehr als reineFortbildung. Natürlichdurfte sie tatkräftig mitarbeiten. Doch wichtiger war ihr, was sie abseits vom Frisierstuhl erlebte. „Ich durfte hinter die Kulissen schauen und habe interessante Einblicke in die Betriebe erhalten. Den berühmten Wow-Effekt hatte ich in jede Richtung.“ Nach ihrer Walz hat die heute 23-Jährige weiter konsequent Gas gegeben, die Meisterschule mit Bravour absolviert und arbeitet imSalonDauminHöhr-Grenzhausen, den ihr Onkel Thomas Daum betreibt. Zehn Mitarbeiter gibt es hier, davon vier Auszubildende, die Lea-Davida Daumnun ihrerseits aktiv ermuntert, Auslandserfahrung zu sammeln. Sie selber bildet sichdank eines Stipendiums derHwKebenfalls stetig weiter, vor allem in den Bereichen Färben, SträhnentechnikundSalonmanagementmit der Option, eventuell den Betrieb später einmal zu übernehmen. Auf Instagram berichtet sie statt über dieWalz nun aus ihrem Meister-Alltag und will so auch Werbung für die Vielfalt ihres Handwerks machen. Informationen: HwK-Mobilitäts- beratung (Auslands- praktika): Petra Laudemann Tel. 0261 398 337 petra.laudemann@ hwk-koblenz.de Kontakt: Hairstylist Daum Tel. 02624 6562 www.daum- hairstylist.de Insta: @lea_davida 19 Als Gesellin erfüllte sich Lea-Davida Daum, unterstützt von der HwK Koblenz, den Traum, ein Jahr lang auf Praktikumsreise durch Europa zu gehen – jetzt ist sie Meisterin. Die Jüngste aller Jungmeister Hanna Breitbach aus Kehrig bei Mayen ist die jüngste Jungmeisterin des aktuellen Jahrgangs. Am 8. August 2003 geboren, hat sie im Oktober 2023 bereits die Prüfung bestanden. Da war sie Anfang 20. An der Meisterfeier kann die junge Meisterin nicht teilnehmen, denn sie sammelt gerade in Irland Berufs- und Lebenserfahrung. Direkt nach bestandener Prüfung machte sie sich zusammen mit Alicia Hietbrink auf den Weg nach Italien. Beide lernten sich in der Meisterschule der Handwerkskammer (HwK) Koblenz kennen und sind nun gemeinsam im „Auslandseinsatz“ unterwegs. „Der große Unterschied zwischen dem deutschen und italienischen Handwerk ist uns sofort aufgefallen: dort gibt es kaum Frauen“, berichtet Hanna, die nun seit Anfang April über die HwK-Mobilitätsberatung in Irland ein Praktikum absolviert. Zum Handwerk kam sie über den Familienbetrieb, denn auch Vater Martin ist Meister und selbstständig. „Es ist durchaus möglich, dass ich in seine Fußstapfen trete“, sagt Hanna, die nach ihrer Rückkehr in die Heimat aber zunächst weitere Erfahrungen in ihrem Handwerk sammeln möchte. Foto: Leonie Gossler

RkJQdWJsaXNoZXIy NzU4Mzk=