Ehrenamtlicher Einsatz für das Handwerk: das Interview II
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Nr. 185
6. Dezember 2014
www.handwerk-special.deEs bleibt spannend
Zwei Berufsbildungs-
experten ziehen Bilanz:
Ganz offen sprechen
Reiner Göbel und Jürgen
Günster über Herausfor-
derungen und Chancen
für das Handwerk. Nach-
stehend der zweite Teil
des Interviews.
Fortsetzung von Seite 8
Zu den wesentlichen Auf-
gaben des Berufsbildungs-
ausschusses gehören die
Förderung von Qualität und
Modernität der handwerk-
lichen Berufsbildung. Welche
Bedeutung messen Sie hier-
bei den Bildungszentren des
Handwerks bei – etwa denen
der Kammer Koblenz, deren
Bau und Betrieb der Aus-
schuss begleitet?
Günster:
UmalsBerufsbildungs-
ausschuss eine qualifizierte und
stets moderne Berufsbildung
im Handwerk zu fördern und zu
fordern, ist die Verbundenheit
mit Innungen, Fachverbänden
und weiteren Experten grundle-
gend. Die mit dem aktuellsten
Stand der Technik ausgestattete
Bildungs-, Technologie- und
Kompetenzzentren der HwK
KoblenzspieleneinegroßeRolle
– sowohl für die ÜLU wie auch
für die beruflicheWeiterbildung
und den Technologietransfer.
Die modernen Kammerzentren
sind auch für die Stärkung des
Reiner Göbel und Jürgen Günster: Für das Handwerk werben
Handwerksimage in der Öffent-
lichkeit unentbehrlich.
Göbel:
Bezogen auf die Band-
breite der Betriebe, die im
Kammerbezirkausbildenunddie
LerninhalteundQualifizierungs-
bereiche für einzelne Berufe,
waren die Bildungszentren der
Kammer schon immer notwen-
dige „Lerninseln“ zur effektiven
FortbildungderAuszubildenden
auf höchstem Niveau.
Angesichts der demogra-
fischen Entwicklung sowie
des allgemeinen Trends, eine
akademische der beruflichen
Bildung vorzuziehen, geraten
insbesondere mittelstän-
dische Unternehmen bei der
Sicherung ihres Bedarfs an
Fach- und Führungskräften
zunehmend in Bedrängnis.
Was soll hierbei das Hand-
werk unternehmen?
Göbel:
Notwendig ist die wei-
tere Integration aller Formen
beruflicher Bildung. Das Ziel
jeder Ausbildung muss die
„Beruflichkeit“undnicht nur die
Beschäftigungsfähigkeit sein.
Im Handwerk zu arbeiten ist
ein Beruf, den man lernen muss.
Es darf nicht nur ein Job sein.
„Beruflichkeit“ ist mehr als nur
Beschäftigungsfähigkeit. Von
daher werden sich allgemeine,
berufliche und hochschulische
Ausbildung weiter gegenseitig
verzahnen müssen. Im Hand-
werk muss es ein Leitbild für
eine guteAusbildungundArbeit
geben. Dazu gehören für mich
unabdingbarTarifverträgesowie
Mitbestimmungs- und Betei-
ligungsrechte. Hier gibt es in
einzelnen Handwerksbranchen
Nachholbedarfediedazu führen,
dass Jugendliche diese Bereiche
auch zunehmend nicht besetzen.
Günster:
Es bleibt spannend,
sich immer wieder neu den
großen Veränderungen in Wirt-
schaft, Technik, Gesellschaft
und eben auch in der Bevöl-
kerungsentwicklung zu stellen
und Lösungen zu finden. In den
Köpfen vieler Jugendlicher und
ihrer Eltern gibt es immer noch
Unwissenheit über das Hand-
werk und seine mehr als 140
Ausbildungsberufe.EinStudium
wird der Lehre vorgezogen,
weil die jungen Leute die um-
fangreichen Möglichkeiten, die
ihnendasHandwerkbietet, nicht
kennen. Ihnen ist nicht bekannt,
welchen Stellenwert Technik
und Innovation im Handwerk
haben. Seit 2010 unterstreicht
das deutsche Handwerk mit
einer Imagekampagne seine
Vielfalt und Leistungskraft.
In allen Handwerken spielen
moderne Technologien – von
computergestützten Konstruk-
tions- und Fertigungsverfahren
bis zu Internetkommunikation
eine wichtige Rolle. Wir dürfen
nicht aufhören, dasmitAktionen
wie der jährlichen „Nacht der
Technik“ der Hwk Koblenz im
Bewusstsein der Bevölkerung
zu verankern.
Gibt es bei der Vielzahl der
Themen und Beschlüsse des
Berufsbildungsausschusses,
an denen Sie mitgewirkt
haben, Ereignisse, die Ihnen
besonders am Herzen liegen
und die für Sie auch in Zu-
kunft wichtig bleiben?
Günster:
Es fällt mir schwer,
einzelneFacettenderAusschuss-
arbeit herauszugreifen. Die bil-
dungspolitischeundgerade auch
europäisch kontroverse Diskus-
sion um ein duales statt einem
rein schulischenAusbildungssy-
stem gehören hier ebenso dazu
wie das Finden von Antworten
nach der Aufweichung der
Meisterqualifizierung.DerWirt-
schaft,denjungenMenschenund
demArbeitsmarktwirdnicht ge-
holfen, wenn auf Qualifizierung
und Qualität verzichtet wird. Es
Tischler und Zimmerer: Das sind zwei der beliebtes-
ten Ausbildungsberufe im Handwerk.
Beginn am 17. Januar im
Zentrum für Ernährung und
Gesundheit.
Samstags, 8 bis 16 Uhr
Infos & Anmeldung bei der
HwK-Weiterbildung:
Weiterbildung
Lexware Buchhalter
Info-Tel. 0261/ 398-322
Geprüfter Betriebswirt
(HwO): Kursbeginn am
21. und 23. März sowie am
1. April im Zentrum für Er-
nährung und Gesundheit.
Infos & Anmeldung bei der
HwK-Weiterbildung:
Weiterbildung
Geprüfter Betriebswirt
Info-Tel. 0261/ 398-325
freutmich, dasswirWegbereiter
für moderne Kompetenzen in
den großen Zukunftsbereichen
des Handwerks sein konnten.
Ich denke da an Energie- und
Klimatechnik, demografiege-
rechte Lösungen für Leben und
Arbeiten, Mobilität, aber auch
Sanierung und Gestaltung. Die
große Sachlichkeit und die
konstruktiv-freundschaftliche
Arbeitsweise des Ausschusses,
die ich als Mitglied und als
alternierender Vorsitzender er-
fahren durfte, wünsche ich dem
Ausschuss und dem Ausschuss-
vorsitz auch in der Zukunft.
Göbel:
Eine breit angelegte
Berufsausbildung, eine selb-
ständige berufliche Handlungs-
fähigkeit und ein bereichsüber-
greifendes gesellschaftliches
Zusammenhangswissen sind für
michPunkte,dieimVordergrund
von beruflicher Ausbildung
stehen. Jetzt und mehr noch in
der Zukunft.
Auch wer ein Gespür für Elektronik hat, ist im Handwerk richtig. Die Ausbildung
zum Elektroniker ist in mehreren Fachrichtungen möglich.