Handwerk Special Nr. 137 vom 6. März 2010 - page 3

Meisterfeier 2010: Qualifizierung sichert berufliche Zukunftspläne
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Nr. 137
6. März 2010
Kein Kredit-Engpass
Bereits zum 22. Mal hat die Handwerkskammer (HwK) Koblenz anlässlich
der bevorstehenden Meisterfeier am 7. März die Jungmeister der Prüfungs-
jahrgänge befragt. Dabei ging es auch um die grundsätzliche Bereitschaft
zur Existenzgründung und um Fragen zur geplanten oder umgesetzten Fi-
nanzierung der Selbstständigkeit.
Handwerk bevorzugt Finanzpartner vor Ort
T
ipp
Nachgefragt
„Sie schreiben Wirtschaftsgeschichte!“
Nach der Novellierung der Handwerksordnung 2004
und der damit verbundenen Abschaffung der Meis-
terpflicht in 53 Berufen als Voraussetzung für die
selbstständige Führung eines Betriebes, beantwor-
tet die junge Meistergeneration die Frage nach der
Bedeutung des „Großen Befähigungsnachweises“
mit der Zahl von 1.146 neuen Handwerksmeistern
selbst: Der Meisterbrief bleibt das Aushängeschild
des Handwerks. Im Interview erläutert HwK-Präsident
Werner Wittlich die Hintergründe und gratuliert den
Jungmeistern.
Herr Wittlich, 1.146 Handwerksmeister können
nicht irren, der Meisterbrief zählt also etwas …
Die Zahl ist beeindruckend und steht stellvertretend für
dieBedeutungdesMeisterbriefes.Ja,erzähltetwas.Denn
auch der Meisterbrief muss sich einer marktwirtschaftlichen Hinterfragung stellen.
In ihn investieren die Teilnehmer der Meisterprüfung Zeit und Geld und natürlich
erwarten die Handwerker eine Gegenleistung. Diese spiegelt sich in fachlicher
Kompetenz wider, die vermittelt wird. Wir machen die Meister fit, Unternehmen
zu leiten, auszubilden, Mitarbeiter zu führen. Damit kommt dem Meisterbrief auch
eine wichtige Rolle zu an der Schnittstelle zwischen Qualifikation und Beitrag für
die Wirtschaft, für Beschäftigung und Ausbildung. Das Handwerk als Motor der
Wirtschaft bezieht einen großen Teil seiner Leistungsfähigkeit aus den Inhalten der
Meisterqualifikation und deren Anwendung.
Welche Pläne verfolgen die JungmeisterInnen
nach bestandener Prüfung konkret?
Wir haben sie befragt: Wie sieht Ihre weitere Lebensplanung mit dem Meisterbrief
aus? Fast die Hälfte gibt an, sich selbstständig machen zu wollen! Ein Wert, der
konstant ist im Vergleich zu den Vorjahren und deutlich macht, dass internationale
Währungs- und Wirtschaftskrisen durch das Handwerk im regionalen Markt aus-
geglichen werden. Das Handwerk nimmt seine Verantwortung wahr – ob nun ein
60-jähriger Handwerksmeister in seinem Unternehmen oder die jüngste Meisterge-
neration, die an der Startlinie steht und auch Wirtschaftsgeschichte schreiben wird.
Rund zehn Prozent führen bereits ein Unternehmen, ein weiteres Drittel aller Jung-
meister will sich demnächst selbstständig machen. Diese Unternehmen beschäftigen
durchschnittlich drei Mitarbeiter und bilden einen Lehrling aus.
Sicherlich gab es schon bessere gesamtwirtschaftliche Startbedin-
gungen für Existenzgründer, als die jetzigen. Was empfiehlt die
Handwerkskammer? Augen zu und durch? Oder abwarten?
Wedernoch.ZumeinenmussdieindividuelleSituationdesExistenzgründersbetrachtet
werden. Hierfür bietet die Handwerkskammer das Know-how der Betriebsberatung,
hier speziell für Existenzgründungen. Eine Unternehmensgründung muss immer
gut vorbereitet sein – egal wie die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind. Zum
anderen ist das Handwerk dafür bekannt, anzupacken. Wir warten nicht auf ein
günstiges Umfeld – wir gestalten es. Wer sollte beispielsweise einem Jugendlichen
erklären, dass keine Lehrstellen – und damit keine berufliche Zukunft – da sind, weil
wir eine Finanzkrise haben? Ein Blick in die HwK-Lehrstellenbörse bietet Klarheit:
Unsere Handwerksbetriebe bieten aktuell über 300 Lehrstellen an. Wir agieren also
und warten nicht, dass wir reagieren müssen. Dafür spricht auch die hohe Zahl der
Meisterprüfungen bei der Handwerkskammer Koblenz.
Sie selbst sind auch Handwerksmeister. Welche Rol-
le spielte in Ihrem Werdegang der Meisterbrief?
Er vermittelt wichtige Grundwerte, die nicht nur im Handwerk eine Rolle spielen.
Das Handwerk ist eine Gemeinschaft – über viele Berufe hinweg. Handwerksmeister
formen diese Gemeinschaft – ob nun im Betrieb oder in den vielen ehrenamtlichen
Gremien des Handwerks. Als Handwerksmeister konnte ich mich über Jahrzehnte
in der Politik engagieren. Hier war oft genug der Rat eines Praktikers gefragt – ob
nun kommunal oder im Deutschen Bundestag. Mein Rat an die JungmeisterInnen
2010 kann also nur lauten, über den Tellerrand hinauszuschauen und sich ebenfalls
als Meister ihres Faches im Sinne des Handwerks zu engagieren. Sie werden ge-
braucht, Ihre Erfahrung, Ihr Rat sind unverzichtbar für unsere Gesellschaft! Nutzen
Sie diese Chance.
Aktuelle Berichte und Fotos von der Meisterfeier im
Internet:
Foto: P!ELmedia
HwK-Präsident
Werner Wittlich
Insgesamt ist die grundsätzliche Bereit-
schaft, sich selbstständig zu machen,
angesichts der allgemeinen wirt-
schaftlichen Lage etwas geringer
als in den vorhergehenden Befra-
gungen, liegt aber weiterhin noch bei
fast 50 Prozent. Etwa jeder Zehnte
aus den beiden aktuellen Meis-
terjahrgängen hat den Schritt
in die Selbstständigkeit bereits
vollzogen.
Wie in der Vergangenheit
sind die Finanzierungs-
partner der Gründer im
Handwerk hauptsächlich
die Sparkassen und Ge-
nossenschaftsbanken.
Die Gründer geben ihren
Hausbanken sehr gute Noten, 87
Prozent der bereits selbstständigen
Meister sind mit der Betreuung
durchihreHausbankzufrieden.Auch
dieser Wert korrespondiert mit den
Angaben aus derVorgängerbefragung,
was umso bemerkenswerter ist angesichts
der öffentlichenDiskussionumveränderte
FinanzierungsbedingungenimKontextder
aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise.
Stephanie Binge, Leiterin der HwK-Be-
triebsberatung, führt dieses Ergebnis auch
darauf zurück, dass die Existenzgründung
bereits indenMeistervorbereitungskursen
ein Thema ist. Die Betriebsberater arbei-
ten in diesem Rahmen frühzeitig auf das
notwendigeErstelleneinesBusinessplanes
und die umfassende Vorbereitung eines
Bankgesprächs hin. Im individuellen Be-
ratungsgespräch
könnensiedarüber
hinaus ihre Kon-
zeption mit den
erfahrenen HwK-
Beratern auf ihre
Tragfähigkeit und
mögliche Finan-
zierungschancen
hin ausloten.
ManfredGraulich,
Vorstandsvorsit-
zender der SparkasseKoblenz, äußert sich
zufrieden mit dem Befragungsergebnis:
„Die Sparkassen als in der Region ver-
wurzelteKreditinstituteunterstützengerne
Gründer mit einem gut durchdachten und
realistischenVorhaben.Selbstverständlich
werden öffentliche Förderinstrumente
oder Bürgschaften angeboten und bei der
Finanzierung soweit wie möglich und
gewünscht berücksichtigt.“
Vorstandsvorsitzender Theodor Win-
kelmann von der Volksbank Koblenz
MittelrheineGkanndiesvonSeitenderGe-
nossenschaftsbanken ebenfalls nur bestä-
tigen und ergänzt,
dass „ein Gründer
seine Chancen auf
eine Finanzierung
merklich erhöht,
wenn Experten
sein Konzept im
Vorfeld bereits
kritischhinterfragt
haben“.Außerdem
zeige sich, dass
Gründer mit ent-
sprechenden Qua-
lifikationen deutlich größere Chancen am
Markt hätten.
In Zusammenarbeit mit der Sparkasse
Koblenz, der Volksbank Koblenz Mit-
telrhein eG, der Steuerberaterkammer
Rheinland-Pfalz und der handwerksnahen
Signal Iduna lädt die HwK-Betriebsbera-
tung alle, die sich mit dem Gedanken an
eine Selbstständigkeit befassen, am 13.
März von 9-13 Uhr zum Gründertag in
Koblenz ein (s. auch S. 20). Fachleute der
HwK und der Mitveranstalter zeigen in
Fachvorträgen Grundlagen der Existenz-
gründung auf und stehen für individuelle
Beratungsgespräche zur Verfügung.
Informationen zur Existenzgründung
bei der HwK-Betriebsberatung, Tel.:
0261/ 398-251, Fax: -994, E-Mail:
ternet:
Manfred
Graulich
Theodor
Winkelmann
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