Handwerk Special Nr. 176 vom 25. Januar 2014 - page 16

Wege ins Handwerk: Von der Hochschule in die Ausbildung
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Nr. 176
25. Januar 2014
Kanalbauerlehre in Rheinland-Pfalz – Ausbildungskonzept von HwK Koblenz, Baugewerbe und Berufsschule
Das Tätigkeitsfeld der Straßenbaubetriebe umfasst immer
mehr Arbeiten am Abwasserkanalnetz. Denn durch dessen
Alter steigt der Bedarf an Kanalsanierungen enorm an. Fach-
kräfte mit dem dazu notwendigen Know-how werden dringend
benötigt. In Zusammenarbeit mit der Kreishandwerkerschaft
(KHS) Mittelrhein, der Straßenbauer-Innung Koblenz und
der rheinland-pfälzischen Schulaufsicht hat die Handwerks-
kammer (HwK) Koblenz die Weichen im nördlichen Rhein-
land-Pfalz für eine Ausbildung zum Kanalbauer gestellt.
Die Verordnung über die Be-
rufsausbildung in der Bauwirt-
schaft umfasst für den Tiefbau
sechs Berufe, darunter der
Straßenbauer, der seit vielen
Jahren erfolgreich ausgebildet
wird. Junge Menschen, die
den Beruf des Kanalbauers
erlernen, müssen bislang nach
dem ersten Ausbildungsjahr
(Grundstufe Bau) für den
Besuch der Fachstufe Rhein-
land-Pfalz verlassen. Mit
Beginn des Ausbildungsjahres
2014 soll nun die Möglichkeit
zumBesuch von rheinland-pfäl-
zischen Fachklassen geschaffen
werden. Sofern genügend junge
Menschen mit einer Ausbildung
zumKanalbauer beginnen, kann
2015dieFachstufe innerhalbdes
Bundeslandes stattfinden.
Der Ausbildungsablauf sieht
eine gemeinsame Grundstufe
der Kanalbauer mit den anderen
Bauberufen vor. Sie besuchen
für 18 Wochen die örtlichen
Baufachklassen der berufsbil-
denden Schulen. Für 17 bis 20
sprechende Betreuungs- und
Übernachtungsmöglichkeiten
sind vorhanden, die auch bei
einem Besuch der Koblenzer
Berufsschule zur Verfügung
stehen.
Die zweijährige Ausbildung
zum/r Tiefbaufacharbeiter/-in,
Schwerpunkt Kanalbauar-
beiten, verläuft entsprechend
und kann zum/r Kanalbau-
er/-in fortgeführt werden. Die
Zwischen- und Abschlussprü-
fungen werden ebenfalls in
Koblenz abgenommen.
Infos zumneuenAusbildungs-
gang bei der HwK-Ausbil-
dungsberatung, Tel. 0261/
398-333, Fax -990, E-Mail
er
im HwK-Bauzentrum, Tel.
0261/ 398-601, Fax -991, E-
Mail
Ohne Ingenieurbonus in die Lehre
Ein Maurergeselle möchte
Bauingenieur werden.
Die duale Ausbildung ist
für ihn eine ideale Basis.
Er erwirbt das Fach­
abitur und studiert. Das
passiert immer wieder
und unterstreicht, dass
einem Handwerkslehrling
der Weg zur Hochschule
nicht verschlossen bleibt.
Eher eine Ausnahme ist
dagegen der berufliche
Werdegang von Erik
Adler aus Koblenz.
Nach Abitur und Zivildienst
studierte der 25-Jährige Bauin-
genieurwesen und schloss mit
demBachelor ofEngineeringab.
Mehrere Praktika, so in einem
Planungsbüro, machten dem
jungen Akademiker aber klar:
„Schreibtischarbeit ist nichts
für mich! Ich möchte praktisch
auf einer Baustelle arbeiten und
eigene Erfahrungen sammeln.
Für das Studium habe ich mich
zu schnell entschieden“, schätzt
er ein.
Vom Bachelor
zum Lehrling
Erik Adler entschloss sich, noch
einmal in die Lehre zu gehen.
Im Internet informierte er sich
Erik Adler erlernt nach seinem abgeschlossenen Studium das Maurerhandwerk
M. Dausner Bauunternehmung, Rheindiebach
Gegr. 1957 | 16 Mitarbeiter | Altbausanierungen, Denkmalpflege |
Tel. 06743/ 2451 |
überBauunternehmenundderen
Projekte.SostießeraufdieFirma
Dausner in Oberdiebach in der
Verbandsgemeinde Rhein-Na-
he. Diplom-Ingenieur Michael
DausneristRestauratorimHand-
werk und hat sich besonders auf
Arbeiten in der Restaurierung
undDenkmalpflegespezialisiert.
„Ich habe mich für eine Maurer-
lehre beworben und wurde zum
Gespräch eingeladen. Das hat
mich sehr gefreut“, sagt Adler
und erzählt von Vorbehalten
mancherChefs gegenüber seiner
Vita. „Die dachten wohl, ich
mische mich zu sehr ein und
passe nicht ins Team“, glaubt er.
Michael Dausner sieht es ganz
pragmatisch.„MichhatseineBe-
werbung interessiert. Ich suche
aber keinen Bauingenieur. Und
wenn Erik als Lehrling anfängt,
ist er Lehrling. Er bekommt
keinen Ingenieurbonus. Das
habe ich ihmdeutlichgesagt“, so
Dausner. Die Motivation seines
Lehrlings, „ein Handwerk von
der Pike auf zu lernen“, versteht
der 54-Jährige. Er ist selbst
Maurer und hat 1981 nach dem
Studium noch den Meisterbrief
Erst die
Theorie,
dann die
Praxis:
Erik Adler
(l.) hat sein
Studium
des Bauin-
genieurwe-
sens abge-
schlossen,
dann bei
Michael
Dausner
seine Mau-
rerlehre
begonnen.
erworben. „Das Mischungs-
verhältnis für Mörtel lernt man
nicht im Studium, das lehrt die
Praxis“, weiß er.
Der Charakter zählt
für den Erfolg
So sieht es auch Erik Adler. „Ich
sauge die Praxis auf.“ In den
überbetrieblichen Lehrgängen
bei der Handwerkskammer
(HwK) Koblenz erwirbt er zu-
sätzlicheFertigkeitenunterande-
ren imEstrich- undFliesenlegen.
Er lernt, gekonnt zu verputzen
und dekorativ zu gestalten.
Aufgrund der theoretischen
Vorkenntnisse ist er ins zweite
Lehrjahr eingestiegen und vom
BesuchderBerufsschule befreit,
muss aber Praxislehrgänge bei
der HwK nachholen. Es macht
ihm Spaß und er hat keine Be-
rührungsängstemit seinenmeist
jüngerenMitstreitern. „Ichmuss
wiejederAnderedietheoretische
und praktische Gesellenprüfung
ablegen“, sagt er. Für denBache-
lor undHandwerkslehrling zählt
für ein gutes Miteinander der
Charakter. Auch Geldverdienen
spielt für den ledigen jungen
Mann eine eher untergeordnete
Rolle. „Ich bin nicht an Geld
gewöhnt und hatte als Student
weniger.“
Nach bestandener Prüfung
möchteErikAdler einpaar Jahre
als Maurergeselle arbeiten und
sich wie sein Chef zum Restau-
rator fortbilden. Es reizt ihn,
Kirchen, Burgen, Stadtmauern
und denkmalgeschützte Häuser
zu restaurieren und instand zu
setzen. SeinLehrbetrieb ist dafür
eine guteSchule.DieBurgMaus
in St. Goarshausen, die Kaiser-
sowie die Barbarathermen in
Trier und die Ruine Fürstenberg
in Rheindiebach zählen zu den
Referenzobjekten der Bauun-
ternehmung Dausner. „Der
Betrieb ist am Mittelrhein im
UmfeldeinerdörflichenStruktur
ansässig und in die regionalen
Aufgaben hineingewachsen“,
erklärt Dausner die Verbindung
zuhistorischenObjektenamOrt.
„Vielleichtgeheichspäterzuden
Ursprüngen zurück und arbeite
als Bauleiter. Das Studium soll
nicht umsonst gewesen sein“,
resümiert Adler. In jedem Fall
wird er dann über ausreichende
praktischeKenntnisse verfügen.
Wochen finden die überbetrieb-
lichen Lehrgänge bei der örtlich
zuständigen Ausbildungsstätte
statt. Ab dem zweiten Ausbil-
dungsjahr muss nun nicht mehr
in ein benachbartes Bundesland
gewechseltwerden,denndieacht
Wochen Berufsschule werden
in einer eigenen Fachklasse
angeboten.
Im HwK-Bauzentrum werden
dieüberbetrieblichenLehrgänge
mitelfbis13Wochenimzweiten
undvierWochen imdrittenAus-
bildungsjahr stattfinden. Ent-
Startschuss für das gemeinsame Bildungsprojekt von
HwK, KHS, Baugewerbe und Berufsschule in der Aus-
bildungshalle Tiefbau im HwK-Bauzentrum Koblenz.
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