Handwerk im Herbst vom 30. Oktober 1999 - page 6

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Haben nach erfolgreichem Generationswechsel gemeinsam die Zukunft in den Griff
bekommen: Stefan Brog, Frank Streubel und Thomas Brog
Jürgen Zmelty:
Schreinermeister, Re-
staurator und Sammler
aus Leidenschaft
Auf den Prospekten, mit denen er für seine Tischlerei wirbt,
beansprucht ein Satz besondere Aufmerksamkeit. Er ist
mehr als bloßes Schlagwort, ist vielmehr so etwas wie das
Credo des Lahnsteiner Tischlers Jürgen Zmelty: “Dem
alten Haus in die Seele schauen”. Das schreibt nur einer,
für den Häuser tatsächlich mehr sind als bloße Gebrauchs-
gegenstände, mehr als bloße Immobilien, nämlich eineArt
von Lebewesen mit eigenem Lebenslauf.
Das Gefühl für die Seele alter Häuser entwickelte sich bei
Jürgen Zmelty ziemlich früh, während der Lehrzeit, als er
miterlebte, wie man nicht mit diesen Häusern umgehen
sollte und sah, dass Sachen in den Container wanderten,
“die eigentlich viel schöner waren als die neuen”. Türen,
Fenster, Balken, Fußböden. Zmelty fing an zu sammeln,
stieg dafür sogar in die Container. “Wenn ich heute daran
denke, wie ich damals einfach mit Hammer und Meißel
reingeschlagen habe, um ein schönes altes Schloss aus
einer Tür herauzubrechen, weil ja alles auch schnell ge-
hen sollte, kriege ich noch nachträglich das Grausen,”
kommentiert er lachend seine ersten Sammelbemühungen.
Dass sich aus den ersten Anfängen eine kaum zu brem-
sende Sammelleidenschaft entwickelte, springt dem Be-
sucher der Im Weiertal 2 in Lahnstein gelegenen Werk-
statt gleich in die Augen. Ein Traumparadies für Stöberer
und Entdecker, Schubladen, Regale voll alter Schlösser
und Beschläge, Stapel historischer Balken in allen Grö-
ßen, ganze Berge von Türen und Fenstern. Jedes Teil könn-
te Geschichten erzählen, ein bisschen von der Seele des
Hauses verraten, das sie einst zierten. Wie das Biedermei-
er-Sprossenfenster, versehen gar noch mit den leicht ge-
wölbten, spiegelnden Originalscheiben. “Sehen Sie sich
nur mal dieses Holz an, das ist überhaupt noch nicht ver-
wittert, das schlägt manches neue Fenster um Längen,”
begeistert sich Zmelty, zieht aus einem anderen Stapel mit
kunstvollen Ornamenten gezierte Jugendstil-Tür hervor.
“Vielen fehlt es heute an der Sensibilität für Schönheit,
für handwerkliche Qualität,” beklagt Zmelty, der mit sei-
nem ökologisch orientierten Betrieb auch im “Arbeitskreis
Denkmalpflege” der Handwerkskammer Koblenz Mitar-
beitet und Mitglied im Unternehmerverband „Historische
Baustoffe” ist. “Etwas Altes ist schnell durch Neues er-
setzt, damit aber auch unwiederbringlich verschwunden.”
Wo er restauriert, geht es nicht in erster Linie darum,
möglichst schnell und billig fertig zu werden, sondern
darum, ein Maximum an Originalsubstanz zu erhalten wie bei
der 200 Jahre alten spätbarocken Haustür, an der er gerade ar-
beitet. Schnell fertig werden wird er wohl erst recht nicht mit
demHaus, dem er auch in der Freizeit noch “in die Seele” schaut,
mit der idyllisch in einem kleinen Seitental des Rheins gelege-
nen spätbarocken “Dinkholder Mühle”, deren Namen fast pro-
grammatisch seine Tischlerei trägt. Auch in ihr allenthalben
Türen, Fenster, Altes. Vielleicht wird daraus ja tatsächlich mal
das geplante Museum. Material genug dafür ist jetzt schon da.
Tischlermeister Jürgen Zmelty hat nicht nur ein Ge-
spür für historisch wertvolle Türen und Fenster aus
der Vergangenheit - auch in die Zukunft investiert der
Handwerksmeister und gehört zu den ersten mittel-
ständischen Unternehmen in der Region, die sich und
ihre Leistungen auch im Internet präsentieren. Adres-
se:
HwK-Beratungsservice: Technologie-Experten
Technologie-
beratung der
HwK Koblenz:
0261/398-571
Intarsienarbeiten haben im Tischlerhandwerk Tradition - und Zukunft.
Das HwK-Laserzentrum arbeitet seit Jahren an neuen Bearbeitungs-
methoden im Bereich der Lasertechnologie - auch mit Holz. Ein Er-
gebnis: Hochwertige Intarsienarbeiten mit Laser. Infos: 0261/398-541.
Die Räumlichkeiten wurden zu
eng, man kennt sich seit Jahren,
half einander aus und gemein-
samwaren die notwendigen In-
vestitionen leichter zu tragen,
also schloss man sich zusam-
men. So liest sich in Kurzform
die junge Unternehmensge-
schichte eines Traditionsbetrie-
bes aus Neuwied, der den Ge-
nerationswechsel erfolgreich
unter Dach und Fach brachte:
die Tischlerei Brog & Streubel.
Sie bilden das Tischler-Trio:
Der älteste ist Thomas Brog,
Jahrgang 1960. Er legte 1989
seine Meisterprüfung ab und
gründete mit seinem drei Jahre
jüngeren Bruder Stefan, der
1990 seinen Meister machte,
die Schreinerei in Heimbach-
Weis. Thomas arbeitete eine
Zeit lang in der TischlereiWolf-
gang Streubel in Neuwied. Von
daher kennt er Frank Streubel,
Jahrgang 1965, der nach erfolg-
reicher Lehre auch die Teile III
und IV der Meisterprüfung
bereits abschloss. Zu dritt grün-
deten sie zum 1. Januar 1999
den gemeinsamen Betrieb. Au-
ßerdem arbeiten ein Geselle, ein
Lehrling und Senior Streubel
(halbtags) in der Tischlerei mit.
Heimisches Holz
Bei der Errichtung der neuen
Werkstatt war klar: Wir bauen
mit Holz. Das bringt gleich drei
Vorteile, denn es passt bestens
zum Image einer Tischlerei,
beeinflusst das Raumklima po-
sitiv, eröffnet den Holzprofis die
Möglichkeit, Eigenleistung zu
erbringen.
Heimbach-Weiser
Tischler-Trio mit
neuer Werkstatt in
Holzbauweise
Das Trio entschied sich für das Holz der Douglasie, die in Rheinland-Pfalz sehr weit
verbreitet ist. Die Douglasie eignet sich hervorragend als Konstruktionsholz (Unterbau-
ten und Schalungen), aber auch für den Innenausbau. Zimmerer und Tischler tun sich
noch schwer mit diesem vielseitig verwendbaren Holz: Aufgrund seiner außergewöhnli-
chen Beständigkeit und Härte stellt es eine besondere Herausforderung an Verarbeiter
und Maschinen. Entsprechend schwierig gestaltete sich die Beschaffung dieses Baustof-
fes über den regionalen Holzgroßhandel, aber mit Hilfe des Forstamtes Koblenz fanden
die Bauherren schließlich eine Bezugsquelle für heimisches Douglasienholz.
Im Juni konnten Brog & Streubel ihr neues Heim beziehen. „Wir wollen den Kunden eine
umfassende Palette - und mit Partnern aus dem Handwerk alles aus einer Hand - anbie-
ten“, umschreibt Thomas Brog das Ziel des jungen Unternehmens. „Was wir leisten kön-
nen: vom Holzboden über Treppen bis zu individuellem Innenausbau und Möbeln“.
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