Warum sich junge Leute für das Handwerk entscheiden
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Nr. 192
12. September 2015
www.handwerk-special.deEine Berufung
Eva Bautz aus Rodenbach wird zur Bestattungsfach-
kraft ausgebildet. Sie lernt ihr Handwerk bei Tischler-
meister Günter Wolf. Der „geprüfte Bestatter“ führt
das von seinem Vater 1951 gegründete Unternehmen
zusammen mit seinem Bruder in Eichen und Puder-
bach.
„Eigentlich war es ein trauriger Anlass, um über den Beruf des
Bestatters nachzudenken. Nachdem meine Uroma gestorben
war, wollte ich wissen, was bis zur Beerdigung mit ihr geschieht.
Während eines einjährigen Schulpraktikums hatte ich Gelegen-
heit, wöchentlich einmal Einblick in die Arbeit eines Bestatters
zu erhalten. Leider hat es dann mit einer Lehrstelle erst über
Umwege geklappt“, erzählt Eva. Einer einjährigen Orientie-
rungsmaßnahme bei einem Bildungsträger folgte eine zweimo-
natige Lehre zur Friseurin. „Meine Schwester ist glücklich in
diesem Beruf. Für mich war er die falsche Wahl.“ Die 21-Jährige
bewarb sich erneut in einem Bestattungsunternehmen. Das An-
gebot der Probearbeit von Günter Wolf nahm sie gern an. Jetzt
ist eine Lehrstelle daraus geworden.
„Als Bestattungsfachkraft muss man im Umgang mit den Hin-
terbliebenen den richtigen Ton treffen. Man darf kein Programm
abspulen, sondern individuell reagieren. Auch ein Gespür für
die Gefühle der Menschen ist wichtig. Mit Tod und Trauer um-
zugehen, erfordert viel Verantwortung und Charakterstärke“,
betont Wolf. Seine Allergie gegen Lack und Leim war für den
Tischlermeister ein Grund, sich zum „Geprüften Bestatter“ zu
qualifizieren. Bis 2012 hat er mit seiner Frau 25 Jahre auch
ein Bestattungsinstitut in Köln geführt. „Eva ist für den Beruf
geeignet. Das hat sie bereits unter Beweis gestellt“, ist der Hand-
werksmeister sicher. Der 57-Jährige weiß, dass der Beruf des
Bestatters auch Berufung ist. „Die Bestattungskultur hat sich ge-
ändert. Auch im ländlichen Raum nehmen Feuerbestattungen zu.
An unserer Arbeit ändert das nichts. Die Würde des Menschen
geht über seinen Tod hinaus.“
Eva Bautz wird „geprüfte Bestatterin“
Freundschaften im Handwerk halten ein Leben lang
Sie kennen und sie
schätzen sich – die
Handwerkersenioren
der Kreishandwer-
kerschaft Rhein-Na-
he-Hunsrück. Es sind
Handwerksmeister
aus verschiedenen
Gewerken im Raum
Bad Kreuznach
DieHandwerksseniorentreffen
sichmonatlichzumGedanken-
austauschzuaktuellenThemen
aus Politik und Handwerk, un-
ternehmen gemeinsame Aus-
flüge, schwelgen auch mal
in Erinnerungen oder planen
neue Veranstaltungen. Der
bereits 1997 von 13 Meistern
gegründete Handwerkerse-
niorenkreis zählt heute 23
Mitglieder, die zwischen 72
und 85 Jahren alt sind. Dieser
Kreis ist bisher in seiner Art im
Bezirk der Handwerkskammer
(HwK) Koblenz einzigartig
und durchaus zum Nachahmen
empfohlen. Die Ehepartner sind
selbstverständlich immer mit
dabei.VeraundLudwigTullius
kümmern sichumTermineund
Veranstaltungen.
Kontakt: Kreishandwerker-
schaft Rhein-Nahe-Huns-
rück, Tel. 0671/836 08-0.
Sie bringt Metall in Form
„Man muss technisches
Interesse mitbringen und
Lust haben, etwas Hand-
werkliches zu machen.
Auch darf man keine
Scheu haben, sich die
Hände schmutzig zu ma-
chen“, so Adriana Stef-
fens aus Binningen über
ihren Ausbildungsberuf.
Die 17-Jährige möchte
Metallbauerin, Fachrich-
tung (FR) Konstruktions-
technik werden.
Adriana Steffens lernt ihr Hand-
werk bei Helene Dax in Co-
chem-Brauheck. DieDiplom-In-
genieurin und Obermeisterin
der Metallbauer-Innung Co-
chem-Zell ist die Betriebslei-
terin der Dax MetallForm. Das
Unternehmen kann auf eine vier
Generationen alte Tradition im
Umgang mit Metall zurückbli-
cken und agiert inzwischen als
Zulieferer für Maschinenbau-
betriebe deutschlandweit. „Frau
DaxisteinVorbild,weilsiezeigt,
dass allein die Leistung zählt“,
sagt Adriana.
„Ich wollte auf keinen Fall ins
Büro gehen“, begründet Adriana
ihre Entscheidung. Nach der
Realschule hat sie eine Lehre als
Kfz-Mechatronikerin, Fachrich-
tung Nutzfahrzeuge, begonnen
und nach vier Monaten abge-
brochen. „Manmuss doch einige
Dinge körperlich machen, wo
mankeineHilfsmittelhatundauf
sich allein gestellt ist. Auf Dauer
wollte ich das nicht machen“,
resümiert sie. Die HwK-Aus-
Adriana Steffens lernt beim Dax MetallForm in Cochem
bildungsberatung riet ihr, sich
als Metallbauerin zu bewerben.
Auch Gespräche mit Freunden,
die bereits imDax’schenBetrieb
lernen, motivierten sie. Jetzt
ist sie von ihrer Berufswahl
auch durch das vorangegangene
Praktikum überzeugt. Sie wird
von Helene Dax gestärkt. „Die
Praxis zeigt, dass Mädchen die
Ausbildung in gewerblich-tech-
Adriana Steffens und ihre Chefin Helene Dax (links).
nischen Berufen gut bewältigen.
AuchdemBetriebsklima tut eine
junge Frau gut. Der Ton unterei-
nander ist freundlicher und hilfs-
bereiter“, so die Vorsitzende im
HwK-Meisterprüfungsausschuss
für das Metallbauerhandwerk.
„Wir bilden gern selbst aus. Wer
voll hinter dem Beruf steht, hat
gute Übernahmechancen.“
Ein spannender Beruf
Die Aufgaben der
Metallbauer sind sehr
unterschiedlich: Sie
entwerfen, schmieden,
biegen und schweißen
zum Beispiel Gitter
und Geländer und ach-
ten auf jedes Detail.
Je nach Einsatzbereich bauen
sie Anlagen und Fahrzeugteile
zusammen. Service steht ganz
oben, denn auch Instandhal-
tung und Reparatur gehören
für sie zum Alltag. Aufgrund
der unterschiedlichen Anfor-
derungen werden Metallbauer
in einer der drei Fachrich-
tungen ausgebildet: Konstruk-
tionstechnik,Metallgestaltung,
Nutzfahrzeugbau. Die Ausbil-
dungsdauer beträgt 3,5 Jahre.
Infos bei der HwK Koblenz,
Tel. 0261/ 398-333, aubira@
hwk-koblenz.deDen Ausbildungsberuf „Bestattungsfachkraft“ gibt es seit dem
1. August 2003. Die Lehrzeit beträgt drei Jahre. Die Lehre er-
folgt als duale Ausbildung in Betrieb und Berufsschule.
Zu den Aufgaben gehören die fachgerechte Überführung und
Behandlung von Verstorbenen ebenso wie die organisatorische
und verwaltungsmäßige Abwicklung von Begräbnissen bei
Erd- und Feuerbestattungen. Handwerkliche Fertigkeiten
sind bei der Ausstattung und Anpassung von Särgen erfor-
derlich. Um über Bestattungsvorsorge und verschiedene
Finanzierungsmöglichkeiten beraten zu können, werden
kaufmännische Kenntnisse vermittelt. Rechtsvorschriften, Ge-
sundheitsbestimmungen und Bräuche rund um die Bestattung
zählen unter anderem zu den Lehrinhalten. Auskünfte gibt die
Ausbildungsberatung der Handwerkskammer (HwK) Koblenz,
Tel.: 0261/ 398-333,
aubira@hwk-koblenz.deEva Bautz und ihr Chef Günter Wolf.
Die Handwerkssenioren vor dem Deutschen Minera-
lienmuseum in Idar-Oberstein.