Handwerk Special Nr. 98 vom 21. April 2004 - page 12

Vergangenes für die Zukunft erhalten
Aus Erde geformt
Werkstoffe in Form gebracht: Lehm und Silikon-Kautschuk
21. April 2004
Nr. 98
Lehm ein Baustoff? Diese schöne matschige Angelegenheit, Ob-
jekt erster kindlicher Versuche plastischen Gestaltens? In der
Tat. Lehm als Baustoff ist gefragter denn je. Stuckateurmeister
und Lehmbauspezialist Jürgen Theis aus Deesen beschreibt die
Vorteile des natürlichen Bauens mit Lehm: „Lehm ist billig, fast
überall verfügbar und naturbelassen. Er besteht aus nichts weiter
als Ton, vermischt mit Sand. Die Lehmmischung wird zu Lehm-
steinen weiterverarbeitet, auf Staken und Geflecht aufgeworfen,
in Schalungen gestampft oder als Putz verwendet.“
Er verweist auf
eine Untersu-
chung der Uni-
versität Kassel,
nach der die rela-
tive Luftfeuchte
in Lehmhäusern
das ganze Jahr
zwischen 45 und
55 Prozent liegt.
„Dieser Idealwert
erzeugt ein äu-
ßerst angenehmes
und gesundes
Wohnklima, ver-
hindert die Aus-
trocknung der
Schleimhäute, re-
duziert die Feinstaubbildung
undwirkt außerdemvorbeugend
gegen Erkältungskrankheiten
und die immer häufiger auftre-
tenden Allergien“, erklärt Jür-
gen Theis.
Werkstatt für Denkmalpflege
Jüngstes Projekt von Stucka-
teurmeister und Restaurator im
Stuckateurhandwerk Jürgen
Theis ist die Restaurierung ei-
nes Priesterhauses, die
„Marienau“. Das Ge-
bäude wurde 1810 als
Tuchweberei erbaut. Nachmeh-
rerenunterschiedlichenNutzun-
genwurde die „Marienau“ 1980
an den Schönstatt-Priesterbund
übergeben. Die Restaurierung
ist eine Herausforderung an
Theis, der seit 1990 selbst-
ständig ist und eine Werkstätte
für Denkmalpflege betreibt.
Zurzeit bildet der Meister, der
auch Mitglied im Arbeitskreis
Denkmalpflege derHandwerks-
kammer Koblenz ist und im
Baubiologischen Arbeits-
kreis Westerwald-Lahn
mitarbeitet, zwei Lehr-
linge aus.
Der Arbeitskreis Denkmalpflege tagt am 25. Mai, 19 Uhr, in
Koblenz, Friedrich-Ebert-Ring 33 zum Thema: Digitale Bild-
entzerrung und Kartierung mit Metigo Map. Seit 1996 die Arbeits-
kreise der HwK ins Leben gerufen wurden, nutzen immer mehr
Handwerker diese Möglichkeit zum direkten Dialog mit der HwK
und untereinander. Mittlerweile engagieren sich über 600 Hand-
werker in 23 Arbeitskreisen mit verschiedensten Themen. Die
Arbeitskreise stellen eine sinnvolle fachübergreifende Ergänzung
im Weiterbildungsbereich dar. Sie stehen allen Mitgliedern der
Handwerkskammer Koblenz offen, die Teilnahme ist kostenlos.
Informationen zu allen Arbeitskreisen und Tagungsterminen: Tel.:
0261/398-331, Fax: -989, E-Mail:
Internet:
Breites Leistungsspektrum
Seine besondere Liebe gehört
Restaurierungsarbeiten. „Alte
Techniken begeistern mich,
Vergangenes für die Zukunft zu
erhalten, treibt mich an“, so
Theis.1989 erhielt er ein Sti-
pendium für das Europäische
Ausbildungszentrum für Hand-
werker in der Denkmalpflege in
Venedig und erwähnt seine Ar-
beit in den Restaurierungs-
werkstätten der bayrischen
Schlösser, Gärten und Seen im
Schloss Nymphenburg. Heute
bietet Theis neben dem Lehm-
bau ein breites Leistungsspek-
trum. Es umfasst auch Stuck-
restaurationen, Innen- und
Außenputze sowie italie-
nische Kalkspachtel-
technik.
Blickfang aus Lehm: Jürgen Theis mit
einem selbst gefertigten Deckenfluter
Auch an diesem
Gebäude in
Simmern (WW.)
hat Jürgen Theis
„Hand angelegt“.
Was verbindet diese beiden
Babies und Peter Spristers-
bach (re.) und Ulrich Plei-
mes aus Leuterod? Auf den
ersten Blick nicht viel. Aber
die Sauger auf den Flaschen
der Babys könnten auf Ma-
schinen hergestellt sein, zu
denen die beiden Handwer-
ker die Werkzeuge fertigen.
Leuteroder sind Spezialisten für Silikon-Spritzgießverfahren
Mit High-Tech
zum
Babysauger
Was haben Babysauger oder Babyschnuller (-beruhiger) mit
Hightech-Technologie zu tun? Die gelernten Werkzeugmacher
Peter Spristersbach und Ulrich Pleimes aus Leuterod bei Monta-
baur wissen die Antwort. „Anfang der 80er Jahre war die Ge-
burtsstunde der spritzgießtechnischen Verarbeitung von Zwei-
komponenten-Flüssigsilikonen. Die Babyartikel waren zu diesem
Zeitpunkt die ersten Produkte.“ Seit 1983 sind sie in der Entwick-
lung und Herstellung von Form-und Kaltkanaltechnologien zur
spritzgießtechnischen Verarbeitung von Flüssig-Silikon-Kaut-
schuk (LSR) tätig.
1996 gründeten die
beiden, die sich wäh-
rend ihrer Lehre als Werkzeug-
macher kennen gelernt hatten,
die PMS Plastic Moulding Sys-
tems GmbH in Koblenz. „Wir
haben als Ingenieurbüro begon-
nen, die Fertigungsarbeiten
wurden in Fremdleistung er-
stellt“, erzählt Ulrich Pleimers,
technischer Leiter und Ge-
schäftsführer der Firma. Der 38-
Jährige hat nach seiner Lehre
und der Gesellenzeit ein Studi-
um in Maschinenbau/Betriebs-
technik an der
zu bauen. 1999 mieteten sie in
Leuterod neben dem Konstruk-
tionsbüro auch eine Werkhalle
und richteten sie mit Hightech-
Maschinen ein. Heute bietet die
Firma PMS vom Prototypform-
teil über Werkzeuge und Kalt-
kanalsysteme bis zur komplet-
ten Spritzgießanlage die gesam-
te Leistungspalette eines inno-
vativen Unternehmens im For-
men- und Werkzeugbau.
Basis für die Serie
Acht Mitarbeiter, darunter zwei
Lehrlinge bilden das Team.
„Wir fertigen Spezialwerk-
zeuge, mit denen die Pro-
duktionsmaschinen bestückt
werden, leisten die Basisarbeit
für die Serienfertigung. Vom
ersten Handgriff bis zum letz-
ten Feinschliff lautet unsere
Devise Präzision“, bringt Spris-
tersbach seinen Anspruch an
seineMitarbeiter auf den Punkt.
“Und unsere Lehrlinge sind
unsere Fachkräfte vonmorgen.“
FachhochschuleKoblenz absol-
viert. Sein Partner, der 35-jähri-
ge Spristersbach, fungiert als
kaufmännischerLeiter.„Diestän-
dige Verbesserung der Werk-
stoffeigenschaften eröffnete
immer neueAnwendungsgebie-
te für LSR-Formteile“, betonen
beide. So verwendet man sie
beispielsweise in Fahrzeugen,
Haushaltsgeräten, in der Phar-
mazie oder derMedizintechnik.
Grund für die Unternehmer,
Formen nicht nur zu entwickeln
und amComputer zu konstruie-
ren, sondern diese auch selbst
Termin desArbeitskreises Denkmalpflege
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