Handwerk Special Nr. 64 vom 29. Oktober 1998 - page 19

Hunderte Besucher bei den bundesweitenAktionstagen des Tischlerhandwerks
Tage der offenen Tür:
HunderteBesucher, darunter vieleFa-
milien, schnupperten Werkstattluft und
das besondere Aroma von Holz. Mehr als
20 Tischlereien im nördlichen Rheinland-
Pfalz hatten am 19. und 20. September die
Türen ihrer Betriebe für dieÖffentlichkeit
geöffnet. Es gab Tischlerhandwerk live -
zum Schauen, Anfassen, Reden und Mit-
machen. Zu den ausgestellten Meisterar-
beiten aus Tischlerhand zählten kunstvoll
restaurierte antikeKommoden ebensowie
supermoderne Phonoschränke. Per
Computeranimation entstanden vor den
Augen staunender Menschen ganze
Wohnzimmereinrichtungen. Die vielfäl-
tige Angebotspalette des holzverarbeiten-
den Handwerks forderte zu angeregten
Gesprächenmit Tischlermeistern undGe-
sellen förmlich heraus. Auch an die „klei-
nen“ Besucher wurde gedacht. Sie setzten
sich beim Hobeln und Nagelklopfen ge-
waltig in Szene und testeten ihr Wissen
rund um’s Thema Holz in zahlreichen
Unterhaltungsspielen.
„MeineErwartungensindbeiweitemüber-
troffen worden“, kommentiert Tischler-
meister Norbert Dinter aus Neuwied den
„Tag des Tischlerhandwerks“. Durch
handgefertigte Plakate und persönliche
Briefe an Altkunden hat er auf die Öff-
nung seines Betriebes aufmerksam ge-
macht. „Bei insgesamt 270Besuchernwar
es in der Werkstatt dicht gedrängt, und
meineMitarbeiter und ich hatten alleHän-
de voll zu tun. Vier gefüllte DIN A 4-
Seiten mit Adressen von Kunden, die ich
in den nächsten Wochen besuchen und
beratenwerde,sinddasbisherige ablesbare
Ergebnis. Viele Besucher kamen auch,
umeinfachdieAtmosphäre in einer Tisch-
lerwerkstatt zu spüren und sich über die
Angebotspalette zu informieren“, fügt
Dinter hinzu.
Tischlermeister Manfred Salomon aus
Melsbach hat sich vor allem als Restaura-
tor von Roentgen-Möbeln einen Namen
gemacht. Der Fürst zu Wied gehört eben-
so zu seinen Kunden wie private Sammler
der fast unbezahlbar gewordenen Möbel.
Den „Tag des Tischlerhandwerks“ nutz-
ten über 100 Besucher deshalb auch, um
Werkstattluft und Holzaroma geschnuppert
mitMeister Salomon restaurierteSchrank-
türen zu öffnen, die sonst für die Öffent-
lichkeit verschlossen bleiben. „Der Tag
war ein voller Erfolg, der sich nicht unmit-
telbar in Aufträgen messen läßt. Für uns
war es eine Gelegenheit, unsere spezifi-
schen Stärken individuell herauszustel-
len. Außerdemkonnten wir Informations-
defizite beim Kunden beseitigen. Viele
wissen gar nicht, daß der Tischler weit
mehr kann, als nur Fenster undTüren nach
Maß zu bauen“, so Salomon.
Tischlermeister Jürgen Engel aus Nieder-
bieber demonstrierte die Wirkungsweise
einer Kreissäge mit Absauganlage, deren
Sägeblatt 45 Grad schwenkbar ist. Über-
rascht war er vom handwerklichen Inter-
esse seiner 60 bis 70 Besucher. Neben
bisherigen Kunden konnte er auch zahl-
reiche neue Interessenten begrüßen. „Ich
war erst skeptisch ob des Aufwands, da
ich nur einen kleinen Betrieb mit einem
Gesellen habe“, räumt Engel ein. „Die
volle Werkstatt hat aber gezeigt, daß ich
für viele Kunden ihr Tischler in der Nähe
bin.“
„Die meisten Besucher waren neugierig“,
meint Tischlermeister Joachim Laser aus
Neuwied. „Sie wollten vom Fachmann
vor Ort wissen, was den Preis der hand-
werklichen Arbeit ausmacht. Immer mehr
Menschen sehen ihreEinrichtung als Spie-
gel ihrer Persönlichkeit. Sie sind bereit,
dafür auch etwas mehr auszugeben. Und,
wer seineMöbel nicht immerwieder kurz-
fristig durch neue austauschen möchte,
kann mit dem Tischler sogar Geld spa-
ren“, so Laser.
Arbeiten in traditionellen, am heimatli-
chenWeinbau orientierten Stil sind seit 25
Jahren eine Spezialität von Tischlermei-
ster Theo Nollen und seiner Familie im
MoselortBrodenbach.JuniorFrankNollen
präsentierte jetzt die von ihm entworfene
„Weinmöbelkollektion“ aus Weide und
Eiche. Extra fürWinzer undGastronomen
öffnete die Tischlerei zusätzlich zumWo-
chenende auch noch am Montag. „Wir
haben etwa 600 Einladungen verschickt
und konnten fast ebenso viele Besucher
zählen. Die meisten waren vom großen
Angebotsspektrum überrascht“, so Frank
Nollen. „Geradlinige eleganteMöbel, zeit-
los schön. Eine gelungene Überraschung,
der Dialog ist der erfolgversprechende
Weg“, schreibt Martina Engelmann aus
Trier ins ausliegende Gästebuch.
Dieser Eintrag ins Gästebuch hätte als
Motto über der gesamten Veranstaltung
stehen können.
Alte Möbel in neuem Glanz: Tischlermeister Joachim Laser erklärt
den Besuchern, welche Schritte und Techniken bei der Restaurierung
der Stühle zu beachten sind.
Keine Angst vor großen Maschinen: Tischlermeister Hugo Muster-
mann erläutert die Arbeitsschritte beim Zuschnitt von Möbelbau-
platten aus verschiedenen Materialien mit praktischen Vorführungen.
Bei Tischlermeister Manfred
Salomon gehört das eigene
Ausprobieren dazu.
Präzisionsarbeit beim Drech-
seln führt Tischlermeister
Norbert Dinter vor.
Auf großes Interesse stoßen
die Weinmöbel von Tischler-
meister Frank Nollen.
1...,9,10,11,12,13,14,15,16,17,18 20,21,22,23,24,25,26
Powered by FlippingBook