Handwerk Special Nr. 64 vom 29. Oktober 1998 - page 12

Mit Seezeichen auf richtigemKurs. Metallhandwerke & ihre Konjunkturschmiede
Seltenes Handwerk:
1987 1988 1989 1990 1991 1992
Anzahl der bei der Handwerkskammer
Koblenz eingetragenen Handwerksbetriebe
im nördlichen Rheinland-Pfalz
1993 1994 1995 1996 1997 1998
17.500
17.000
16.500
16.000
15.500
15.000
14.500
1000
975
950
925
900
875
850
DieZahl derHandwerksbetrie-
be im Norden von Rheinland-
Pfalz steigt seit Jahren konti-
nuierlichan.Hintergrundinfor-
mationen dieser Entwicklung
und ausführliche Informatio-
nen zur konjunkturellen Lage
lesen Sie auf der Seite „Hand-
werk aktuell“ imMittelteil die-
ser Ausgabe.
In der Grafik wird die Zahl der
bei derHwKKoblenz eingetra-
genen Handwerksunterneh-
menmit einer schwarzenVoll-
linie dargestellt. Im Vergleich
Anzahl der bei der HwK Koblenz
eingetragenen metallverarbeitenden Handwerksbetriebe: Berufe
Schlosser, Schmiede (seit 1988 zusammengefaßt zum Metallbauer,
Werkzeugmacher und Maschinenbaumechaniker)
Metallverarbeitende Handwerke auf der Überholspur
dazustelltdieStrichliniedieZahl
dermetallverarbeitendenUnter-
nehmen im Kammerbezirk dar.
Auffälligdabeiist,daßdieUnter-
nehmenszahlen der Handwerke
Metallbbauer (bis 1988 die Be-
rufe Schlosser und Schmiede),
Maschinenbaumechaniker und
Werkzeugmacher als Konjunk-
turindikator zwischen 1990 und
´95gegendenTrend imGesamt-
handwerk stark gestiegen sind.
Zwischen 1995 und 1997 lag die
Entwicklung der Betriebszahlen
konkunkturbeding leicht unter
demDurchschnitt, im laufenden
JahrentwickeltsichdasMetall-
bauerhandwerküberproportio-
nal gut.
Informationen zu allen Fragen
um die Eintragung eines
Handwerksbetriebes in die
Rolle der HwK Koblenz:
Tel. 0261/398-261
der Betriebsberatung und
Existenzgründung:
0261/398-241, Fax: -994
Wie Deutschlands einzige Bojenbauer wasserdichte Aufträge an Land ziehen
PottendickerNebel.„Wasch-
küche“ nennt das die seefahren-
de Zunft und stiert ins Okular
des Radarmonitors auf der Schiffs-
brücke. Der Blick nach draußen
lohnt nicht, denn da sieht man
nicht einmal mehr den Bug des
eigenenDampfers.DerBlindflug
über den Rhein orientiert sich an
zuckenden Lichtpunkten imRa-
dar:AndereSchiffewerdensicht-
bar, eine Zick-Zack-Linie mar-
kiert den Uferstreifen. Mitten-
drin, wie an einer Perlenkette
aufgefädelt,Punkte,diedasFahr-
wasser vorgeben. Worauf hier
der Radarstrahl traf, sind Radar-
reflektoren - die aufgesetzte
„Krone“ aufdenBojen.Diekom-
men aus Weisel im Rhein-Lahn-
Kreis. Deutschlands einziger
Bojenbauer für Binnengewässer
ist das Unternehmen von Ernst
Knecht,der„WeiselerBojenbau”.
Aus Weisel nahe der Loreley kommen Deutschlands
Bojen. „Hauptfeind“ der Seezeichen sind nicht Strö-
mung oder Korosion, sondern unachtsame Kapitäne.
Weisel.SechsKilometervomOrt
entfernt liegt der wohl weltweit
bekannteste Havarieplatz der
christlichenBinnenschiffahrt:Mit
betörendemGesangundblondem
Haar sorgt dieLoreleynochheu-
te dafür, daß der Rhein auf sei-
nem Weg durch das nördliche
Rheinland-Pfalz zwischenKaub
undSpaydiehöchsteBojen-Ster-
bequote erreicht. Jedes Jahrwer-
den etliche der Wegweiser von
Schiffen überfahren. Doch ver-
gleicht man die Schiffsunglücke
heute und früher, ist die einst
singendeBlondeheuteeherstumm.
Weisel. Einen Fluß, See oder
wenigstens Bach gibt es nicht in
der Nähe des Ortes. Das größte
Gewässer ist das Schwimmbek-
kenimGartenderFamilieKnecht.
Doch der Pool am Ortsrand hat
das Flair der weiten Welt: Mit-
tendrinschaukelteinSchiffahrts-
zeichen, das jeden Ozeanriesen
auf Kurs bringenwürde. „Meine
kleine Versuchsanstalt“,schmun-
zeltErnstKnecht,„irgendwiemuß
ich ja neue Entwicklungen von
derGewichtsverteilungaustarie-
ren.“Hier ist Deutschlands „Bo-
jen-Monopolist“ zuhause. Dem
Betrieb gehören vier Mitarbei-
ter, Handwerksmeister Knecht
und dessen Ehefrau an. Der ge-
lernteElektriker,Maschinenbau-
Techniker und Maschinenbau-
mechanikermeister ist 48 Jahre
alt und übernahm vom Vater den
Familienbetrieb. Vater Ernst,
Schmiedemeister, gründete die
Firma nach dem Krieg, 1974
übernahmendieWeiselerden
„KauberBojenbau”alszwei-
tes Standbein neben dem
Maschinenbau und „verschiff-
ten“ so den Seezeichenbau vom
Ufer des Rheins ins „Binnen-
land“. Heute konzentriert sich
Ernst Knecht jun. ganz auf den
Bojenbau. „Mehrere Hundert“
der roten, grünen oder gelben
Wegweiser fertigt der Hand-
werksbetrieb jedes Jahr, obElbe,
Rhein, Mosel, Spree oder Nek-
kar, ob Naturschutzgebiet oder
Baustelle auf dem Wasser - die
Bojen kommen alle aus dem
1200-Seelendorf Weisel.
70 Kilogramm wiegen die See-
zeichen, deren größter Feind un-
achtsame Kapitäne mit ihren
dahinrasenden Dampfern sind.
„Kaputtgefahren“ nennt das
Ernst Knecht, und weiß, daß es
neue Aufträge gibt. Aus Stahl-
blech werden die Bojenkörper
zusammengeschweißt, sandge-
strahlt und sechsfach lackiert.
Die Farbzusammensetzung ist
vorgeschrieben, „rot ist nicht rot,
und grün nicht grün“, so Hand-
werker Knecht, der selber mit
Wassersport oder Schiffahrt
nichts am Hut hat. Geben die
Seezeichen mit ihrem Farbton
schließlich an, ob sie den Rest
ihres Lebens rechts oder links
neben dem Fahrwasser in der
Strömung liegen, werden siemit
einemAuftriebmittel ausKunst-
stoff gefüllt. Da hierbei und dem
weltschutzvorschriften -auchbei
derEntsorgung-eingehaltenwer-
denmüssen,arbeitetErnstKnecht
mit denExperten desHwK-Zen-
trums für Umwelt und Arbeits-
sicherheit zusammen. Beratun-
gen im Unternehmen und das
Öko-Audit bürgen für die Ein-
haltung aller Vorschriften - über
die deutschenLandesgrenzenhin-
aus. Gerade haben die Weiseler
einen europaweiten Auftrag an
Land gezogen.
Nicht nur zuWasser, auch in der
Luft sorgen die Weiseler Arbei-
ten für Orientierung und Sicher-
heit: Für Hochspannungsleitun-
gen werden sogenannte Flieger-
warnkegel gebaut. Die orange-
nen Bälle aus Aluminium mar-
kieren auf dem „Erdseil“ über
denHochspannungsdrähtenFlug-
zeugen und Hubschraubern, wo
sie lieber nicht langfliegen soll-
ten. „Blicken wir vom Boden in
den Himmel, sehen wir die Lei-
tungen, blickt ein Pilot von oben
auf den Boden, fehlen die Kon-
traste“, so Ernst Knecht, der mit
seinen seltenen Produkten Ori-
entierung imMarkt beweist.All-
zeit gute Fahrt und immer eine
HandbreitAufträgeuntermKiel!
Vollinie in der Grafik:
Strichlinie in der Grafik:
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