Handwerk Special Nr. 95 vom 17. September 2003 - page 13

Anspruchsvoller Innenausbau / Handwerk zur Eigenheimzulage
17. September 2003
Nr. 95
Herr Wittlich, was sagen Sie
als Kreishandwerksmeister
zudenPlänenderBundesre-
gierung?
Dass ein Finanzminister in Zei-
ten knapper Kassen sämtliche
Subventionen auf den Prüfstand
stellt und ungerechtfertigte Steu-
ervergünstigungen abbaut, mag
verständlich sein. Wenn aber da-
bei hunderttausende vonArbeits-
plätzen aufs Spiel gesetzt werden
und dies als politische Wohltat
angepriesen wird, sind berech-
tigte Zweifel an einer solchen
Entscheidung angebracht. Damit
stößt der geplante Wegfall der
Eigenheimzulage, der dem Staat
Einsparungen in Höhe von rund
128 Millionen Euro bringen soll,
nicht nur bei den betroffenen
Familien und Bauherren auf Wi-
derstand.AuchdieBauwirtschaft
und das Handwerk müssen die
negativen Auswirkungen be-
fürchten.
Welcher Art könnten diese
Auswirkungen sein?
Die Einschnitte bei der Eigen-
heimzulage werden die seit Jah-
ren andauernde Krise am Bau
weiterverschärfenundzumWeg-
Ein Schlag für Bauherren
und Handwerker
Werner Wittlich, MdB, zur geplanten Streichung der Eigenheimzulage
fallzahlreicherArbeitsplätzefüh-
ren. Man kann also sagen, dass
jede nicht gebaute Wohnung Ar-
beitslosigkeit produziert, die teu-
er finanziert werden muss. So
erwartet beispielsweise das Bau-
gewerbe, dass 40 Prozent aller
amBau eines Hauses Interessier-
ten ihren Bauwunsch auf lange
Zeit zurückstellenwerden.Wenn
man bedenkt, dass mit dem Bau
eines Hauses drei Menschen ein
ganzes JahrArbeit gegebenwird,
kann man leicht errechnen, wel-
che Auswirkungen all die nicht
gebauten Häuser haben.
GibteskonkreteZahlen,etwa
im Hinblick auf die mögli-
chen Konsequenzen für den
Arbeitsmarkt?
Der Zentralverband des Deut-
schen Baugewerbes rechnet da-
mit, dass insgesamt rund200 .000
Beschäftigte der Bauwirtschaft
und der nachgelagerten Berufs-
zweige um ihren Arbeitsplatz
bangen müssen. Das ist beson-
ders dramatisch, da bereits im
ersten Halbjahr 2003 Aufträge
undBeschäftigtenzahlen imBau-
gewerbe deutlich zurückgegan-
gen sind. Der Hochbau hat beim
Auftragseingang ein Minus von
17,3 Prozent zu verzeichnen,
beim Tiefbau sind es „nur“ 8,3
Prozent. Der baugewerbliche
Umsatz sank um 8,7 Prozent auf
34,1 Milliarden Euro.
Droht eine solch negative
Entwicklung den Handwer-
ken rund um den Bau insge-
samt?
Die vorgelegten Zahlen bezie-
hen sich auf das Baugewerbe,
aber auch bei den übrigen Hand-
werksbetrieben droht eine ähnli-
che Entwicklung und ein Um-
satzrückgang.DieBeschäftigung
vonbilligenSchwarzarbeitern ist
in diesem Zusammenhang leider
eine mehr als realistische Pers-
pektive. Gerade in konjunktur-
schwachenZeitendürfendeshalb
die wenigen staatlichen Investi-
tionsanreize, die ein Vielfaches
an privaten Investitionen auslö-
sen, nicht geopfert werden.
Alle diejenigen, die in absehbarer Zukunft die Pläne für ein eigenes
Haus realisieren wollten, vernahmen es mit Enttäuschung: Ab dem
kommenden Jahr soll es für neue Bauprojekte keine staatliche Hilfe
mehr geben, weder in Form einer Eigenheimzulage noch einer Prä-
mie für Neuverträge beim Bausparen. Die ohnehin seit Jahren von
Sorgen geplagten Bau- und Ausbauhandwerke fürchten zusätzliche
negative Auswirkungen: ein Gespräch mit Werner Wittlich, Kreis-
handwerksmeister in Neuwied und Mitglied des Bundestages.
Kreishandwerksmeister
Werner Wittlich, MdB
Opulente Badlandschaften
und aufwändige Dekor-
elemente aus Marmor im Bo-
denbelag: Bei dem Innen-
ausbau dieses Traumhauses
konnten die beteiligten Hand-
werker ihr ganzes Können un-
ter Beweis stellen. Für die an-
fallenden Arbeiten im Ausbau
verpflichtete der Bauherr aus-
schließlich Handwerksunter-
nehmen aus der Region.
Ungehindert schweift
der Blick aus dem
großzügigen Winter-
garten über die Hö-
hen des Westerwal-
des. Auch hier hand-
werkliches Know-
how auf höchstem
Niveau.
Die Betriebe beobachten die Marktsituation sehr genau und haben sich
ihr in den letzten Jahren angepasst; viele sind geschrumpft, haben die
Zahl ihrer Beschäftigten reduziert. Mittlerweile haben wir dabei ein
Niveau erreicht, bei dem wir trotz andauernder Krise von einer recht
ordentlichen Auslastung ausgehen können.
Sehen Sie für die Zukunft Chancen und Wege, auf denen das
Baugewerbe aus der Krise kommen kann?
Eine wichtige Chance für das Baugewerbe ist das Bauen imAltbestand,
die Sanierung alter Bausubstanz unter Einsatz modernster Prinzipien
der Wärmedämmung und Haustechnik. Das hat nicht nur den Vorteil,
dass Vorhandenes erhalten wird; auch der teilweise große Flächendarf
wird begrenzt und zudem Material bzw. Abfall eingespart. Damit ist
Sanierung wirtschaftlicher für den Geldbeutel und die Umwelt.
Obermeister Dipl.-Ing. Jürgen Mertgen
Baugewerks-Innung Rhein-Westerwald
Wie beurteilen Sie die Lage
des Baugewerbes in Ihrem Innungsbereich?
Nachgefragt
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Koblenz – Nevers
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ie HwK Koblenz lädt vom
13. bis 19. Oktober zum
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Nevers, der Koblenzer Part-
nerstadt in Burgund ein. Die
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takte zu knüpfen und die fran-
zösischeLebensart kennen zu
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